Weltweit erster hybrider Interkonnektor eingeweiht

50Hertz und der dänische Netzbetreiber Energinet haben am 20. Oktober 2020 gemeinsam den weltweit ersten hybriden Offshore Interkonnektor eingeweiht, in den sowohl deutsche wie dänische Offshore-Windparks integriert sind. Die Combined Grid Solution (CGS) verbindet zwei Umspannplattformen in der Ostsee sowohl miteinander als auch mit den bestehenden Landverbindungen der Offshore-Windparks. Dadurch kann die CGS Offshore-Windstrom nach Dänemark oder nach Deutschland leiten und zusätzlich für den grenzüberschreitenden Stromhandel genutzt werden.

 

Europäisches Leuchtturmprojekt von 50Hertz

 

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, der dänische Minister für Klima, Energie und Versorgung, Dan Jørgensen, sowie die EU-Kommissarin für Energie, Kadri Simson, lobten bei der offiziellen Einweihungsfeier, die vor Ort in Berlin und gleichzeitig digital stattfand, das innovative Projekt von 50Hertz und Energinet. Altmaier nannte die Combined Grid Solution „ein europäisches Leuchtturmprojekt für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Bereich Windenergie auf See.“

Die CGS ist eine technische Innovation, die Vorbildcharakter für zukünftige Stromnetze im Offshore-Bereich hat. Die von 50Hertz betriebenen Netzanbindungen der Windparks Baltic 1 und Baltic 2 (Deutschland) sowie die Netzanbindung (Energinet/Dänemark) zu dem derzeit in Bau befindlichen Windpark Kriegers Flak werden mitgenutzt. Zwei lediglich 25 km lange Seekabel mit einer Leistung von je ca. 200 Megawatt (MW) zwischen den Umspannplattformen Baltic 2 und Kriegers Flak verknüpfen die beiden Netzanbindungssysteme. So entsteht diese erste Stromverbindung zwischen zwei Ländern, die sowohl Offshore-Windstrom an Land transportiert als auch Kapazitäten für den Stromhandel bereitstellt. Die Kosten für das deutsch-dänische Gemeinschaftsprojekt mit EU-Beteiligung belaufen sich auf rund 300 Mio. Euro.

 

Hohe energiewirtschaftliche Bedeutung des Ostseeraums

 

Stefan Kapferer, Vorsitzender der Geschäftsführung von 50Hertz, ordnet das Projekt ein: „50Hertz und Energinet leisten mit diesem Projekt Pionierarbeit bei der effizienten Einbindung von Offshore-Windparks in den grenzüberschreitenden europäischen Strommarkt. Er gibt uns gleich mehrere Optionen an die Hand, Frequenz und Spannung in unseren Übertragungsnetzen jederzeit zu halten, noch flexibler mit der Integration von Erneuerbaren Energien umzugehen und die Stabilität des Gesamtsystems zu erhöhen. Die CGS ist daher ein wichtiger Baustein in unserer Strategie, die Stromnachfrage in unserem Netzgebiet bis 2032, über das Jahr gerechnet, zu 100 Prozent aus Erneuerbaren Energien decken zu können. Und das Projekt zeigt die hohe energiewirtschaftliche Bedeutung des europäischen Ostseeraums, dessen Bedeutung auch in der Ende September von den Anrainerstaaten unterzeichneten Baltic Sea Offshore Wind Declaration zum Ausdruck kommt.“

 

Zentrale Bedeutung für Dänemark

 

Weil die Übertragungsnetze Ost-Dänemarks und Deutschlands nicht synchron arbeiten, war für diesen Interkonnektor die Errichtung eines Doppel-Konverters (Back-to-Back-Converter) am Umspannwerk Bentwisch bei Rostock erforderlich. Darin wird der ankommende Wechselstrom in Gleichstrom und sofort wieder in Wechselstrom gewandelt. Nur so kann er problemlos von Dänemark nach Deutschland und umgekehrt von Deutschland nach Dänemark fließen.

Auch auf dänischer Seite hat das Projekt eine zentrale Bedeutung für die angestrebte Klimaneutralität des Landes. Der eingebundene Windpark Kriegers Flak wird nach seiner geplanten Inbetriebnahme 2021 rund 600 000 Haushalte in der Region Seeland mit Strom versorgen. Er hat eine Leistung von 600 MW und wird damit der größte Windpark Dänemarks sein. In Kombination mit der CGS und ihrer Bedeutung für den Stromhandel mit Kontinentaleuropa entstehen dadurch auch für Dänemark Vorteile.

Die Elia Group, zu der 50Hertz gehört, hält Hybrid-Verbindungen für notwendig, um die Ziele des European Green Deal zu erreichen. In Anbetracht des enormen Strombedarfs, der für die Dekarbonisierung unserer Gesellschaften notwendig ist, muss Europa alle Potenziale zur Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien ausschöpfen und teilweise weit vor den Küsten der Mitgliedstaaten diesen Strom ernten.

 

Kombination von Hard- und Software

 

Die CGS besteht sowohl aus Hard- als auch Software-Komponenten. Als „Gehirn“ der Anlage fungiert der mit Partnern entwickelte MIO (Master Controller for Interconnector Operation). Diese digitale Steuerungseinheit, die im Control Center von 50Hertz in Neuenhagen bei Berlin angesiedelt ist, muss sowohl die Anforderungen des Strommarktes als auch die von den Windverhältnissen auf der Ostsee abhängige Stromproduktion miteinander in Einklang bringen. Wichtigste Aufgabe des MIO ist es, den Interkonnektor optimal auszunutzen und gleichzeitig eine Überlastung der Leitung sowie der Betriebsmittel im Umspannwerk zu vermeiden.

 

50hertz

Infografik: 50Hertz

 

Dabei steuert der MIO den marktbasierten Stromaustausch zwischen Dänemark und Deutschland nicht allein auf der Basis von Prognosen, er muss auch bei physikalischen Abweichungen in Echtzeit für die erforderliche Spannungshaltung und das Gleichgewicht im System sorgen. Dafür kann der MIO sowohl auf den Doppel-Konverter in Bentwisch als auch auf die deutschen Windparks Baltic 1 und Baltic 2 zurückgreifen – und zukünftig auch auf den dann verbundenen dänischen Windpark Kriegers Flak. Der Doppel-Konverter erfüllt darüber hinaus eine wichtige Funktion für die Netzstabilität, damit immer mehr Erneuerbare Energien sicher in das Gesamtsystem integriert werden können. Für den Stromtransport über Leitungen mit Wechselstrom ist neben der Wirkleistung auch sogenannte Blindleistung zur Spannungshaltung erforderlich. Diese Blindleistung wird bisher vorwiegend von konventionellen Kraftwerken erbracht. Der Doppel-Konverter ist in der Lage, einen Teil der notwendigen Blindleistungskompensation für den nordöstlichen Teil des 50Hertz-Netzgebietes zu erbringen.

 

Quelle: 50hertz

 

 

Beitragsbild: Symbolische Verbindung via Seekabel: v.l.n.r. Christian Pegel, Energieminister von Mecklenburg-Vorpommern, Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, 50Hertz-CEO Stefan Kapferer, CEO von Energy Transmission Energinet Henrik Riis und der CEO der Elia Group, Chris Peeters; Foto: 50Hertz