Ein Wochenende Literatur

Als erstes fällt das Einhorn auf. In einer Ecke der großen Halle der Alten Feuerwache (Dezernat 16) treibt eine große Einhorn-Badeinsel im Meer der Inspiration, dahinter zeigt eine Plakatwand die zahlreichen Sponsoren des diesjährigen Literaturcamps. Sonst ist noch nicht viel los. Die Teilnehmer frühstücken in gelöster Stimmung im sonnendurchfluteten Hof, einige kommen erst an, manche haben eine weite Anreise – etwa aus Spanien – hinter sich.

Ge- und entspanntes Zuhören. Foto: Valentin Bachem

Dann aber füllt sich die Halle schlagartig. Das Literaturcamp Heidelberg 2018 beginnt. Sofort wird klar: Hier finden Literaturliebhaber zusammen, hier begegnen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf Augenhöhe, hier passt zwischen analoge und digitale Welt kein Blatt bzw. Tweet. Das zeigt sich schon bei der Vorstellungsrunde. Alle im Raum nennen nicht nur den eigenen Vornamen, sondern auch Twitteraccount und jene Hashtags, die die eigene Person charakterisieren. Livestreams und rege Fütterung der sozialen Medien erlauben es auch den Menschen, die nicht direkt vor Ort sind, an den Diskussionen teilzunehmen. Dem persönlichen Zusammensein und der Kommunikation in der Gruppe kommen aber große Bedeutung zu.

Live. Foto: Valentin Bachem

Sicherlich dauert es jedoch, bis das erste Kennenlernen beendet ist, an die 250 Literaturcamper haben sich versammelt. Und fast alle schreiben oder gestalten Texte. Krise des geschriebenen Wortes? Davon keine Spur. Die Mitorganisatorin Julia Schönborn erklärt: „Von der Professorin für Literaturwissenschaften bis zum Buchblogger oder Podcaster sind alle hier. Neben Autorinnen, Autoren und Verlagsmenschen findet man hier aber Literaturliebhaberinnen und Liebhaber, für die Lesen und Lesezirkel das schönste Hobby sind. Unsere jüngste Teilnehmerin ist zehn Jahre, unsere älteste über 60 Jahre“.

Abstimmung. Foto: Valentin Bachem

Dann beginnt die Planung der Sessions. Bei der Einreichung der Vorschläge bildet sich eine lange Schlange. Gefühlt alle wollen ein Thema diskutieren und suchen Interessierte. Jeder darf, jeder soll sprechen. 117 Slots sind verfügbar und werden genutzt. Das breite Themenspektrum umreißt Julia Schönborn: „Das reicht von der Frage, wie man als Autorin oder Autor gesund bleibt, über eine hochsensitive Session (‚Wie man seine Muse findet‘) und das Instrument ‚Crowdfunding‘ bis zum Self-Publishing und Marketing“.

Alles entspannt im Griff. Foto: Valentin Bachem

Und so wächst das Literaturcamp von Jahr zu Jahr. Längst gibt es bereits Ableger in anderen deutschen Städten. Bald schon wird auch das große Dezernat 16 an seine Grenzen stoßen. Bei 250 Teilnehmern ist Schluss, in den oberen Räumlichkeiten sind keine barrierearme Zugänge vorhanden. Die Zukunft bleibt spannend.

Beitragsbild: Valentin Bachem