Konjunktur-Einbruch ist ausgeblieben

Der noch im Herbst befürchtete starke Einbruch der Konjunktur ist ausgeblieben. Die Situation war damals von vielen Unsicherheiten geprägt, bei Unternehmen und Verbrauchern. Diese Unsicherheiten haben sich so nicht realisiert“, kommentiert Dr. Axel Nitschke, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar, die Umfrage zur Konjunktur.

Das Weihnachtsgeschäft lief besser als erwartet und die Exporte entwickelten sich positiv. Gründe hierfür seien vor allem die gesicherte Energieversorgung, vor allem bei Gas, ein Rückgang der Energiepreise, die staatlichen Entlastungsprogramme sowie eine allmähliche Entspannung bei den Lieferengpässen und der schwache Euro. „Die besser als angenommene Entwicklung sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Erwartungen der Unternehmen insgesamt immer noch leicht im negativen Bereich liegen“, mahnt Nitschke und verweist auf weiterhin bestehende Herausforderungen wie Inflation, Energiepreise und strukturelle Probleme rund um das Bauen.

Der IHK-Konjunkturklimaindex liegt aktuell bei 109 Punkten – und damit 19 Punkte über dem Herbst-Wert. Der Index fasst die Bewertung der Lage und die Erwartungen zusammen. Werte über 100 signalisieren tendenziell Wachstum. Per saldo meldet mehr als jedes vierte Unternehmen eine gute Geschäftslage, was einen Zuwachs von 8 Prozentpunkten bedeutet. Die Geschäftsaussichten zeigen einen deutlichen Aufwärtstrend, sie sind per saldo mit -6 Punkten aber immer noch negativ. Das sind die wichtigsten Ergebnisse der IHK-Konjunkturumfrage zum Jahresbeginn 2023, an der sich 489 Unternehmen der Region aus allen Wirtschaftszweigen beteiligt haben.

Belastend für die Wirtschaft sind weiterhin die hohen Energiekosten. Die Preise erreichen zwar nicht mehr die Höhen wie noch im Herbst, sie liegen aber immer noch deutlich über dem Vorkrisenniveau und deutlich über dem, was Wettbewerber in anderen Ländern zahlen müssen. So sehen derzeit knapp zwei Drittel der Unternehmen die hohen Energie- und Rohstoffpreise als größtes Risiko für ihre wirtschaftliche Entwicklung (Mehrfachnennungen möglich). Darüber hinaus leiden mehr als 60 Prozent der Unternehmen unter dem ungelösten Mangel an Fachkräften, der sich inzwischen zu einem allgemeinen Arbeitskräftemangel ausweitet. Hier hat sich die Situation gegenüber dem Herbst noch einmal verschärft. Knapp die Hälfte der Unternehmen sorgt sich um einen Rückgang der Inlandsnachfrage und um den Anstieg der Arbeitskosten.

Die Ausfuhrerwartungen der Exportwirtschaft legen gegenüber dem Herbst wieder zu. Aktuell sind die Exportabsichten wieder tendenziell positiv, der Saldo steigt gegenüber Oktober um 18 Prozentpunkte auf +4 Punkte. Vor allem die Aussichten für Nordamerika bessern sich. 17 Prozent der Unternehmen rechnen hier per saldo mit steigenden Ausfuhren. „Gründe hierfür sind vor allem der schwache Euro sowie das starke Wachstum der US-Wirtschaft“, erklärt der IHK-Hauptgeschäftsführer.

Von einem niedrigen Niveau aus kommend steigen auch die Exporterwartungen in die Länder innerhalb der Eurozone, die ähnlich wie Deutschland noch im Herbst von starken Unsicherheiten geprägt waren. Im Vergleich zum langjährigen Durchschnitt befinden sich die Exportabsichten nach Asien auf einem niedrigen Niveau, was unter anderem mit Friktionen auf dem chinesischen Markt zu tun hat. „Die großen strukturellen Probleme auf mittlere Sicht wie auch kurzfristig die hohen Krankenstände infolge der Kehrtwende in der Corona-Politik belasten das chinesische Wachstum“, sagt Nitschke.

In der Industrie verbessern sich die Lagebeurteilungen im Vergleich zum Herbst um 9 Prozentpunkte, per saldo meldet knapp jedes dritte Unternehmen eine gute Geschäftslage. Jedoch sind die Auftragseingänge aus dem In- und Ausland zum Jahresbeginn 2023 noch tendenziell rückläufig. Deutlich verbessern konnten sich hingegen die Geschäftserwartungen. Im Vergleich zur Herbstumfrage steigt der Saldo um 32 Prozentpunkte und liegt aktuell mit 5 Punkten wieder im positiven Bereich. Danach gefragt, wie sie auf die hohen Strom- und Gaspreise reagieren, geben jeweils mehr als drei Viertel der Industriebetriebe an, die Kostensteigerungen an ihre Abnehmer weiterzugeben sowie Energie einsparen zu wollen (Mehrfachnennungen möglich). Über die Hälfte der Industrie reagiert zudem mit Investitionen in Energieeffizienzmaßnahmen.

Die Lagebeurteilungen im Einzelhandel steigen um 12 Prozentpunkte und liegen aktuell per saldo bei +14 Punkten. Als Gründe für diese Belebung kann auch hier der Rückgang der Unsicherheiten und damit zusammenhängend das zufriedenstellende Weihnachtsgeschäft angesehen werden. Die Konsumstimmung bleibt insgesamt aber weiterhin gedämpft. Die Geschäftserwartungen legen um 30 Prozentpunkte zu, bleiben mit -23 Punkten per saldo aber noch klar im negativen Bereich. Die Einzelhändler rechnen häufig allenfalls mit nominalen Zuwächsen, aber nicht mit realem Wachstum. Zudem sehen sie sich auf der Kostenseite unter starkem Druck.

Die Großhändler und Handelsvermittler der Region schätzen ihre Geschäftslage besser ein als im Oktober. Der Saldo steigt um 20 Prozentpunkte und liegt aktuell bei +26 Punkten. Ihre Geschäftserwartungen sind am Jahresanfang 2023 nicht mehr so sorgenvoll wie im Herbst, Optimismus macht sich jedoch noch nicht breit. So rechnen per saldo 16 Prozent der Betriebe mit schlechter laufenden Geschäften in den nächsten zwölf Monaten.

Die Lageeinschätzungen der regionalen Dienstleister entwickeln sich weiter positiv, doch ist die Erhöhung von +18 auf +22 Saldopunkte nicht so ausgeprägt wie in den anderen Branchen. Während die Dienstleister für Unternehmen, vor allem aus dem Bereich der Informationstechnologie sowie die Unternehmen aus der Kultur- und Kreativwirtschaft, gut laufende Geschäfte melden, verschlechtert sich die Lage im Gastgewerbe und im Verkehrsbereich. Die Geschäftserwartungen verbessern sich bei der aktuellen Umfrage im Vergleich zum Herbst um 19 Prozentpunkte, sind mit -4 Prozent aber noch leicht negativ.

Zum Jahresbeginn 2023 legen die Investitionspläne der Unternehmen zu und bewegen sich in allen Branchen im positiven Bereich. Derzeit rechnen per saldo 7 Prozent der Unternehmen mit steigenden Investitionen, was einem Zuwachs von 10 Prozentpunkten gegenüber dem Herbst bedeutet. Wenn investiert wird, dann bleibt der Ersatzbedarf mit 60 Prozent das vorherrschende Investitionsmotiv (Mehrfachnennungen möglich). 43 Prozent der Betriebe planen Digitalisierungsinvestitionen und mehr als ein Drittel der Unternehmen möchte verstärkt in Umweltschutz- und Energieeffizienzmaßnahmen investieren. „Die verbesserte Investitionsbereitschaft ist Voraussetzung dafür, dass sich die Konjunktur weiter stabilisiert“, sagt Nitschke.

Die Unternehmen der Region meldeten im Oktober noch tendenziell rückläufige Beschäftigungspläne. Zum Jahresbeginn 2023 ist der Wert ausgeglichen. Zu- und abnehmende Beschäftigtenpläne halten sich die Waage. Die Zahl der offenen Arbeitsstellen lag im Januar bei 6.850; das sind 101 weniger als im Januar 2022. Die Arbeitslosenquote im IHK-Bezirk beträgt aktuell 4,7 Prozent. Sie liegt damit 0,2 Prozent unter dem Wert im Herbst und auf demselben Niveau wie zu Beginn des Vorjahres.

 

Der aktuelle IHK-Konjunkturbericht ist hier abrufbar.

 

Quelle: IHK Rhein-Neckar

 

 

Beitragsbild: pixabay.com