„Konjunkturmotor kommt nur schleppend in Gang“

„Die Unternehmen bewegen sich im Frühsommer 2023 in einem schwierigen Umfeld; der Konjunkturmotor kommt daher nur schleppend in Gang. Bremsend wirken die Umbrüche bei Fachkräften, Energie, Preisen, Zinsen und Arbeitskosten“, kommentiert Dr. Axel Nitschke, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar, die aktuelle Konjunkturumfrage. Während das Dienstleistungsgewerbe eine leicht positive Entwicklung aufzeigt, lassen die Einschätzungen in Industrie und Handel wieder nach. Rund um den Bau trübt sich die Stimmung nochmals stärker ein. Ihre aktuelle Lage beurteilen die Unternehmen insgesamt etwas schlechter als in der Vorumfrage.

Im Branchendurchschnitt hat sich die Stimmung der Wirtschaft in der Region seit Jahresbeginn minimal aufgehellt. Ein Abrutschen in eine schwere Rezession konnte verhindert werden, die Geschäftserwartungen sind nicht mehr ganz so negativ. Die noch im Herbst befürchtete Energiemangellage ist nicht eingetreten und auch der Energiekostenschock lässt nach, zugleich verringern sich die Probleme in der Lieferkette. So liegt der IHK-Konjunkturklimaindex, der die Bewertung der Lage und der Erwartungen zusammenfasst, aktuell bei 112 Punkten – und damit 3 Punkte über dem Wert vom Jahresbeginn. Dieser Wert liegt zwar tendenziell im Wachstumsbereich, aber deutlich unter dem Wert der Vor-Corona-Zeit. Da erreichte der Konjunkturklimaindex jahrelang Werte um die 130. „Der dringend benötigte Aufschwung ist derzeit nicht in Sicht“, sagt Nitschke.

Per saldo meldet jedes vierte Unternehmen eine gute Geschäftslage, was einen Rückgang von einem Prozentpunkt bedeutet. Die Geschäftsaussichten zeigen einen leichten Aufwärtstrend, sie sind per saldo mit einem Punkt aber immer noch knapp im negativen Bereich. Das sind die wichtigsten Ergebnisse der IHK-Konjunkturumfrage im Frühsommer 2023, an der sich 456 Unternehmen der Region aus allen Wirtschaftszweigen beteiligt haben.

Vor allem der Mangel an Fach- und Arbeitskräften macht den Unternehmen schwer zu schaffen. 63 Prozent sehen hierin das größte Risiko für ihre wirtschaftliche Entwicklung (Mehrfachnennungen möglich), der Wert hat sich im Vergleich zum Januar noch einmal erhöht. Auch die Sorge vor einem Rückgang der Inlandsnachfrage nimmt zu, aktuell treibt dies mehr als die Hälfte der Unternehmen um. Die Belastungen bei den hohen Energiepreisen gehen im Vergleich zu den vorherigen Umfragen etwas zurück. Aktuell sehen 48 Prozent der Betriebe in hohen Energie- und 46 Prozent in hohen Arbeitskosten ein Risiko.

Die Exporterwartungen bewegen sich in etwa auf dem Niveau vom Jahresbeginn. Aktuell melden per saldo 5 Prozent der Unternehmen steigende Exportabsichten für das laufende Jahr. Dabei zeigen sich die Exportabsichten nach Nordamerika weiterhin am stärksten. Und auch bei den Ausfuhren in die Länder innerhalb der Eurozone und nach Asien legen die Exporterwartungen zu. „Positiv wirkt sich insbesondere aus, dass die Nachwirkungen der Corona-Politik Chinas deutlich nachlassen und dass sich die Staus in der Containerschifffahrt zunehmend aufgelöst haben“, so Nitschke.

In der Industrie gehen die Lagebeurteilungen im Vergleich zum Jahresbeginn um 8 Prozentpunkte zurück, per saldo meldet weniger als ein Viertel der Unternehmen aus dem verarbeitenden Gewerbe eine gute Geschäftslage. Mit Blick in die einzelnen Industriebereiche zeigen sich Investitionsgüterproduzenten und Maschinenbauer robust, während die Stimmung bei den Vorleistungsgüterproduzenten spürbar nachlässt. Vor allem bei den Auftragseingängen aus dem In- und Ausland zeigt sich ein deutlicher Rückgang. Liegt der langfristige Durchschnitt hier per saldo bei +7 Punkten, fällt der Wert im laufenden Frühsommer auf -17 Punkte. Die Geschäftserwartungen der Industriebetriebe legen leicht zu. Im Vergleich zur Januar-Umfrage steigt der Saldo um 2 Prozentpunkte und liegt aktuell bei +7 Punkten.

Im Großhandel zeichnet sich seit der Umfrage am Jahresbeginn ein leichter Abwärtstrend bei den Lagebeurteilungen ab. Der Saldo sinkt um 3 Prozentpunkte, liegt mit aktuell +23 Punkten aber noch klar im positiven Bereich. Die Geschäftserwartungen der Großhändler sind im Frühsommer 2023 zwar nicht mehr so sorgenvoll wie in den vergangenen Monaten, Optimismus macht sich jedoch bei einem Erwartungssaldo von -4 Punkten nicht wirklich breit.

Die Lageeinschätzung im Einzelhandel sinkt im Vergleich zum Jahresbeginn per saldo um 12 Prozentpunkte und liegt aktuell mit 2 Punkten nur noch leicht im positiven Bereich. Auch die Aussichten der Einzelhändler lassen wieder nach. Sie gehen im Vergleich zum Januar per saldo um 5 Prozentpunkte auf derzeit -28 Punkte zurück. „Der private Konsum steht aufgrund der Inflation unter Druck, gleichzeitig sehen sich die Händler selbst mit vielen Kostensteigerungen konfrontiert“, so Nitschke.

Im Vergleich zu den anderen Branchen entwickeln sich die Lageeinschätzungen im Dienstleistungssektor positiv und holen damit zeitversetzt die Entwicklung anderer Branchen nach. Der Lagesaldo verbessert sich im Vergleich zum Jahresbeginn von +22 auf +31 Punkte. Auch die Geschäftserwartungen verbessern sich bei der aktuellen Umfrage im Vergleich zum Januar um 10 Prozentpunkte und liegen per saldo mit 6 Punkten wieder im positiven Bereich.

Die Investitionsabsichten der Unternehmen bewegen sich per saldo branchenübergreifend im positiven Bereich, lassen aber im Vergleich zum Januar etwas nach. Der Saldo sinkt gegenüber dem Jahresbeginn um 2 Prozentpunkte auf aktuell +5 Punkte. „Steigende Zinsen erschweren kreditfinanzierte Investitionen“, erklärt der IHK-Hauptgeschäftsführer.

Wenn investiert wird, dann bleibt der Ersatzbedarf mit 63 Prozent das vorherrschende Investitionsmotiv (Mehrfachnennungen möglich). 44 Prozent der Betriebe planen Digitalisierungsinvestitionen und ein Drittel der Unternehmen möchte verstärkt in Innovationsprojekte investieren. Mit 30 Prozent liegen Umweltschutz- und Energieeffizienzmaßnahmen auf Platz 4 der meistgenannten Investitionsmotive.

Die Unternehmen der Region melden aktuell abflauende Beschäftigungserwartungen. Der Saldo ist mit -3 Punkten im leicht negativen Bereich. Im Branchendurchschnitt planen 17 Prozent der regionalen Betriebe zusätzliche Mitarbeiter einzustellen, 63 Prozent gehen von einer gleichbleibenden Anzahl an Mitarbeitern aus und 20 Prozent geben rückläufige Beschäftigungsabsichten an. Die Zahl der offenen Arbeitsstellen lag im April bei 7.372; das sind 171 weniger als im April 2022. Die Arbeitslosenquote im IHK-Bezirk beträgt aktuell 4,9 Prozent. Sie liegt damit 0,2 Prozent über dem Wert vom Jahresbeginn und 0,4 Prozent über dem Vorjahreswert.

 

Der aktuelle IHK-Konjunkturbericht ist hier abrufbar.

 

Quelle: IHK Rhein-Neckar

 

 

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