Technologischer Wandel begünstigte Chancengleichheit

18. Jul 2022

Mit zunehmendem technologischen Wandel in Deutschland verringerte sich der Einfluss der sozialen Herkunft auf den beruflichen Erfolg. So erleichterte in den 1990er Jahren die zunehmende Computerisierung am Arbeitsplatz Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, deren Eltern kein Abitur haben, den Zugang zu Berufen mit starkem technologischem Wandel. Darüber hinaus glichen sich in diesen Berufen ihre Löhne an die von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus bildungsnahen Elternhäusern an, wie eine aktuelle Studie des ZEW Mannheim zeigt.

 

Technologischer Wandel verändert berufliche Anforderungen

 

Der Grund für diese Entwicklungen: Technologischer Wandel verändert die beruflichen Anforderungen. „Dadurch verlieren Wissen und Netzwerke der Eltern, die beim beruflichen Aufstieg vorteilhaft sein können, an Bedeutung. Im Gegenzug rücken individuelle Fähigkeiten und Qualifikationen der einzelnen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Vordergrund“, erklärt Cäcilia Lipowski, eine der Studienautorinnen und wissenschaftliche Mitarbeiterin im ZEW-Forschungsbereich „Arbeitsmärkte und Sozialversicherungen“.

 

Computerisierung führte zu mehr Chancengleichheit

 

In den 1990er Jahre schritt in Deutschland die Computerisierung der Arbeitsplätze rasch voran. Nutzten im Jahr 1992 lediglich 16 Prozent aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei ihrer Arbeit vor allem rechnergestützte Geräte, waren es 1999 bereits 38 Prozent und damit mehr als das Doppelte. Dies wirkte sich positiv auf die Chancengleichheit aus: In Berufen, in denen Angestellte bei ihrer Arbeit verstärkt rechnergestützte Geräte einsetzen, stieg der Anteil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus bildungsfernen Familien erheblich. Dies trifft insbesondere auf höherqualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu, die selber Abitur haben: „Steigt die Computerisierung in einem Beruf um zehn Prozentpunkte – das heißt nutzen in diesem Beruf zehn Prozentpunkte mehr Angestellte hauptsächlich rechnergestützte Geräte bei ihrer Arbeit –, nimmt unter den höherqualifizierten Beschäftigten der Anteil derjenigen, deren Eltern kein Abitur haben, um etwa vier Prozentpunkte zu“, so Lipowski.

 

Lohnbenachteiligung ging zurück

 

Doch der Bildungshintergrund der Eltern beeinflusste nicht nur die Jobchancen, sondern auch die Löhne: Bis zu den frühen 1990er Jahren waren die Löhne von Beschäftigten aus bildungsfernen Familien je nach eigenem Bildungsniveau zwischen fünf bis zehn Prozentpunkte niedriger im Vergleich zu Beschäftigten, deren Eltern einen Abiturabschluss haben. Die ZEW-Studie belegt, dass diese Lohnbenachteiligung ab Mitte der 1990er Jahre stetig zurückging, und zwar getrieben von Berufen mit starkem technologischem Wandel. Für Personen, die selbst Abitur gemacht hatten, verschwand der Lohnnachteil ab den frühen 2000er Jahren sogar völlig. „Bemerkenswert ist, dass die Lohnbenachteiligung in den Folgejahren nicht wieder zunahm, obwohl die Nutzung von Computern in vielen Berufen gängige Praxis geworden ist“, sagt Lipowski.

 

Die Studie steht hier zum Download bereit.

 

Quelle: ZEW

 

 

Beitragsbild: pixabay.com