60 Prozent der Verwaltungsleistungen sind online verfügbar

In Deutschland werden 349 von 579 Verwaltungsleistungen digital angeboten: teils flächendeckend, zuweilen aber auch nur in einer einzelnen Kommune. 199 sind in mehr als der Hälfte der deutschen Städte und Gemeinden umgesetzt. 165 sind flächendeckend ausgerollt, 230 Leistungen nach dem Online-Zugangsgesetz sind bislang noch gar nicht digital verfügbar. Das ist das Ergebnis einer Auswertung des Digitalverbands Bitkom anlässlich der Smart Country Convention in Berlin. Etwas besser sieht es mit den Behördenvorgängen aus, die besonders häufig von Bürgerinnen und Bürgern nachgefragt werden: Die insgesamt 13 sogenannten Fokusleistungen wie Elterngeld oder Eheschließung sind alle in mindestens 10 Prozent der Kommunen digital umgesetzt, 2 davon sogar flächendeckend: Bürgergeld und Einbürgerung. Zugleich attestiert die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger (50 Prozent) in einer repräsentativen Befragung von 1005 Personen ab 18 Jahren im Auftrag des Bitkom ihrer Stadt oder Gemeinde einen fortgeschrittenen Digitalisierungsgrad. 70 Prozent trauen der heimischen Verwaltung einen kompetenten Umgang mit der Digitalisierung zu – aber 90 Prozent wünschen sich, dass diese mit noch mehr Nachdruck verfolgt wird. Unter den Jüngeren von 18 bis 29 Jahre sind es sogar 95 Prozent, aber auch bei den Älteren ab 65 Jahre liegt der Anteil bei 85 Prozent. „Wir kommen bei der Digitalisierung in Städten und Gemeinden voran, aber die Menschen wünschen sich mehr Tempo“, sagt Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst. „Wir könnten viel schneller sein, wenn wir nicht überall das digitale Rad neu erfinden würden, sondern funktionierende Lösungen rasch in die Fläche brächten.“

 

Kaum jemand will persönlich aufs Amt, aber es fehlt an digitalen Angeboten

 

Schon heute wollen die Bürgerinnen und Bürger 11 von 14 üblichen Verwaltungsleistungen – von der Verlängerung des Ausweises über die An- und Abmeldung bis zur Beantragung des Führerscheins – lieber online als vor Ort auf einer Behörde erledigen. Nur bei drei wird das persönliche Erscheinen vorgezogen. Vor allem die Ehe wollen die meisten auf dem Standesamt oder einem anderen Ort schließen und nicht im Internet: Hier bevorzugen 67 Prozent den Gang aufs Amt, gegenüber 25 Prozent, die lieber online heiraten würden. Bei der Scheidung ist der Drang, sich persönlich gegenüberzustehen, etwas weniger stark ausgeprägt, aber immer noch überwiegend: Mit 52 Prozent will eine knappe Mehrheit zur Scheidung aufs Amt, 29 Prozent ziehen lieber online einen Schlussstrich. Und 55 Prozent erstatten eine Anzeige lieber an Ort und Stelle, 43 Prozent genügt dafür die Internet-Wache der Polizei.

Allerdings haben überhaupt erst 13 Prozent jemals eine Verwaltungsleistung digital beantragt. Der häufigste digitale Kontakt mit einer Behörde ist die Online-Terminvereinbarung für den persönlichen Besuch. 54 Prozent hatten schon einmal Mail-Kontakt, 36 Prozent haben ein Kontaktformular auf der Website ausgefüllt. 7 Prozent waren in einer virtuellen Sprechstunde per Videocall und ebenfalls 7 Prozent haben einen Chatbot auf der Website genutzt. Rund ein Viertel (24 Prozent) hatte aber noch nie digitalen Behördenkontakt.

Hauptgrund für das persönliche Erscheinen bei einer Behörde ist, dass die nachgefragte Leistung nicht online verfügbar war oder das persönliche Erscheinen gefordert war (66 Prozent). Weitere 12 Prozent haben es zuerst online versucht, es gab aber technische Probleme. 6 Prozent sind aufs Amt gegangen, weil ihnen der Online-Service zu kompliziert war und 1 Prozent hatte schlicht vergessen nachzusehen, ob es ein Online-Angebot gibt. Nur 8 Prozent haben sich bewusst für das persönliche Erscheinen entschieden, weil sie Beratung benötigten, 4 Prozent erledigen Termine grundsätzlich lieber vor Ort. „Wenn es uns gelingt, mehr Online-Angebote zu schaffen, profitieren alle. Dann bleibt für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort mehr Zeit, sich um Beratung zu kümmern und um diejenigen, die einfach mehr Unterstützung benötigen“, so Wintergerst.

 

Digitalisierung soll Ämter bürgerfreundlicher machen

 

Aktuell sind viele Menschen mit den Leistungen der häufig noch analogen Verwaltungen nicht zufrieden. 85 Prozent beklagen, dass Behörden grundsätzlich zu lange brauchen, um ein Anliegen zu bearbeiten. Ebenso viele möchten während der Bearbeitung eines Antrags jederzeit sehen können, wie der aktuelle Stand ist und wie lange es voraussichtlich noch bis zur Entscheidung dauert. 82 Prozent erwarten, dass Behörden automatisch auf sie zukommen, wenn ihnen eine Leistung zusteht, oder sie erinnern, zum Beispiel rechtzeitig bevor der Ausweis abläuft. Einen stärkeren Datenaustausch zwischen Behörden befürworten 71 Prozent, damit sie nicht immer wieder dieselben Angaben machen müssen. Und fast zwei Drittel unterstützen den Vorschlag, dass der Kontakt zu Behörden weitgehend nur noch digital möglich sein sollte, um Kosten zu sparen und Abläufe effizienter zu machen. „Wir können es uns auf Dauer nicht leisten, jeden Prozess doppelt abzubilden: digital und analog. Digital only sollte das Leitmotiv der Verwaltung werden. Gleichzeitig müssen wir jene an die Hand nehmen, die sich mit digitalen Angeboten noch schwertun“, so Wintergerst.

Aber auch dort, wo es digitale Angebote gibt, ist noch einiges zu tun. So waren zwar 70 Prozent derjenigen, die online einen Termin vereinbart haben, damit zufrieden (2024: 66 Prozent). Beim Kontakt per Webseiten-Formular waren es aber nur 53 Prozent (2024: 55 Prozent), bei E-Mail 49 Prozent (2024: 51 Prozent), beim Chatbot 39 Prozent (2024: 30 Prozent) und bei virtuellen Sprechstunden 36 Prozent (2024: 27 Prozent). Im Vergleich zum Vorjahr besser bewertet wird auch die Online-Beantragung von Verwaltungsleistungen. Mit einer Zufriedenheit von 37 Prozent (2024: 31 Prozent) bleibt sie aber weiterhin weit hinten. „Es reicht nicht, nur irgendwie zu digitalisieren. Der digitale Staat muss positive Erlebnisse für die Bürgerinnen und Bürger schaffen“, so Wintergerst.

8 von 10 Deutschen (79 Prozent) meinen, bei der Digitalisierung von Städten und Gemeinden könne Deutschland noch viel vom Ausland lernen. Aktuell sehen nur 3 Prozent deutsche Behörden im weltweiten Vergleich bei der Digitalisierung vorn, 11 Prozent sehen Deutschland zumindest unter den Vorreitern. Aber 72 Prozent verorten sie unter den Nachzüglern, 9 Prozent halten sie sogar für abgeschlagen.

 

Zwei Drittel wollen mehr Einfluss des Bundes – und eine Föderalismusreform

 

Damit sich das ändert, plädieren drei Viertel (75 Prozent) dafür, dass Deutschland deutlich mehr Geld in die Digitalisierung der Verwaltung investiert. Fast genauso viele (76 Prozent) wünschen sich, dass dabei vor allem auf deutsche und europäische Technologien gesetzt wird. Aber es geht den Menschen nicht nur um Investitionen, sondern auch um Reformen. Rund zwei Drittel (69 Prozent) wünschen sich, dass der Bund mehr Einfluss auf die Digitalisierung von Ämtern und Behörden in Bundesländern und Kommunen erhält, um das Tempo zu erhöhen. Und 65 Prozent sind überzeugt, dass Deutschland eine Föderalismus-Reform braucht. Für die Entscheidung der neuen Bundesregierung, mit dem Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung ein eigenes Ministerium für die Digitalisierung der Verwaltung zu schaffen, gibt es breites Lob: 64 Prozent finden diesen Schritt gut. Allerdings erwartet nur eine knappe Mehrheit (51 Prozent), dass es der neuen Regierung wirklich gelingen wird, die Digitalisierung der Verwaltung deutlich voranzubringen. „Mit der Einrichtung des eigenständigen Ministeriums für Digitalisierung und Staatsmodernisierung, das auch die Schirmherrschaft über die Smart Country Convention übernommen hat, gibt die Bundesregierung ein wichtiges Aufbruchsignal. Jetzt gilt es, wirklich Tempo bei der Verwaltungsdigitalisierung zu machen“, sagt Wintergerst.

 

Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die Bitkom Research im Auftrag des Digitalverbands Bitkom durchgeführt hat. Dabei wurden 1.005 Personen in Deutschland ab 18 Jahren telefonisch befragt. Die Befragung fand im Zeitraum von KW 27 bis KW 32 2025 statt. Die Umfrage ist repräsentativ.

 

Quelle: Bitkom

 

 

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