Who cares? TEDx!

Es gibt normale Konferenzen und es gibt TED-Konferenzen. TED ist mittlerweile zu einem weltweiten Synonym für Menschen im Gespräch geworden. Zeitenvogel sprach mit Jannis Kuhlencord über Wurzeln im Silicon Valley, blinde Modedesigner und die Bedeutung der zwischenmenschlichen Kommunikation bei der TEDx Heidelberg.

 

ZV: Herr Kuhlencord, was ist TEDx Heidelberg?

JK: TEDx Heidelberg ging aus den TED-Konferenzen hervor. TED entstand ursprünglich im Silicon Valley als Plattform, um die drei Bereiche Technology, Entertainment und Design miteinander zu vernetzen. Diese Konferenzen begeisterten die Menschen weltweit, da sie eine kurzweilige Präsentation interessanter Ideen boten. Deshalb häuften sich auch die Anfragen, TED-Konferenzen in anderen Städten zu veranstalten.

Chris Anderson, der mittlerweile der Kurator von TED ist, fragte sich damals, wie man TED weiterentwickeln könnte. Die Lösung lag zum einen in der Erweiterung des thematischen Spektrums. Heute ist TED eine Plattform, die alle erdenklichen Themenbereiche abdeckt. Zum anderen wurde 2009 die TEDx-Initiative ins Leben gerufen. Das X steht für „independently organized TED event“. Die Initiatoren der TED-Konferenzen lizensierten TEDx-Konferenzen, die von Dritten organisiert werden. Ich organisiere eine solche TEDx-Konferenz hier in Heidelberg.

 

Die TEDx-Konferenz

 

ZV: Was passiert auf einer TEDx-Konferenz?

JK: Wir haben jedes Jahr eine Hauptveranstaltung, die Menschen aus verschiedenen Branchen zusammenbringt. Die acht bis zehn Rednerinnen und Redner behandeln in ihren Impulsvorträgen ganz unterschiedliche Themen. Wir hatten zum Beispiel schon einen blinden Modedesigner, der unter anderem für Michele Obama und für das schwedische Königshaus Kleidung entworfen hat. Als blinde Person arbeitet er vor allem mit der Textur von Stoffen. Dann hatten wir auch eine Lehrerin, die sich mit vielen anderen Lehrerinnen und Lehrern auf der ganzen Welt austauscht. Die war unter den Top 50 der für den Global Teacher Prize Nominierten.

Die Vorträge sollen aber nicht im Mittelpunkt stehen. Wir wollen, dass es den Teilnehmerinnen und Teilnehmern auf der TEDx-Konferenz in ihren Stühlen nicht allzu gemütlich wird. Sie sollen selbst aktiv werden, aufeinander zugehen und ihre eigenen Ideen in den Prozess einbringen. So lassen sich die gesellschaftlichen Blasen, in denen sich viele von uns bewegen, überwinden. Alle Vorträge werden deshalb auch professionell videodokumentiert. Sie sind später kostenfrei im Internet vorzufinden.

 

Redner aus Region und Welt

 

ZV: Woher stammen die Redner?

JK: Wir sind ja die TEDx Heidelberg. Deshalb wollen wir gerade den Ideengebern und Vordenkern aus der Region Heidelberg eine Bühne bieten, seien es Wissenschaftler, seien es normale Bürger, die eine tolle Idee und entsprechende Expertise haben, bislang aber noch keine Möglichkeit hatten, ihre Idee vorzustellen. Viele der Redner stammen aber auch aus dem europäischen Ausland oder den USA.

ZV: Wie wird man Redner bei TEDx Heidelberg?

JK: Man kann sich ganz einfach direkt auf unserer Homepage als Redner bewerben. Dort stellen wir ein paar Fragen, die es uns erleichtern, das jeweilige Thema und die Person des oder der Vortragenden zu beurteilen. Wir wollen von allen Bewerbern aber auch ein kleines Video sehen, um zu erkennen, ob wir die Vortragenden unterstützen können. Wir arbeiten nämlich mit professionellen Redner-Coaches zusammen, um Menschen, die noch keine Vorerfahrung mit öffentlichen Vorträgen haben, dabei zu helfen, ihre Idee besser zu strukturieren und zu präsentieren.

ZV: Wo findet die nächste TEDx Heidelberg statt?

JK: Die nächste Hauptveranstaltung findet am 30. Juli 2019 statt. Wir erwarten in der Heidelberger Stadthalle zwischen 600 und 700 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Das Motto für dieses Jahr ist „Who cares?!“. Mit der Frage „Wen kümmert’s?“ wird normalerweise Desinteresse ausgedrückt. Spannend wird es dann, wenn man die Frage einmal beantwortet: Wenn ich sage: „Ich! Mich kümmert das! Für mich ist das eine Herzensangelegenheit!“, kann man darauf sehr starke Vorträge aufbauen.

ZV: Ist die Veranstaltung für die Vortragenden auch mit Kosten verbunden?

JK: Nein. Wir zahlen aber auch keine Gage. Wir wollen, dass TEDx ein nichtkommerzielles Ideenformat bleibt. Wir zahlen den Vortragenden aber Reisekosten, Unterbringung und Verpflegung während der Veranstaltung.

ZV: Kann man als Unternehmen TEDx Heidelberg unterstützen?

JK: Ja. Zwar kosten die Tickets für die Besucher Geld. Jedes Ticket ist aber trotzdem subventioniert. Wir arbeiten mit Partnern aus der Region – SAP, Techniker Krankenkasse und jetzt Lamy – zusammen. Auch die Stadt Heidelberg unterstützt uns. Ohne dieses Engagement wäre die TEDx Heidelberg nicht möglich. Wir freuen uns immer, wenn sich jemand engagieren und die Innovationsplattform fördern will.

ZV: In welcher Sprache kann man bei der TEDx Heidelberg seinen Vortrag präsentieren?

JK: Seit letztem Jahr können wir in Kooperation mit dem Institut für Übersetzen und Dolmetschen der Universität Heidelberg eine Simultanübersetzung anbieten. Unsere Rednerinnen und Redner können ihre Ideen also auf Deutsch oder Englisch mit dem Publikum teilen.

 

Mehr als nur eine Konferenz

 

ZV: Welche Veranstaltungen bietet TEDx Heidelberg sonst noch an?

JK: Uns ist es wichtig, tiefergehende Verbindungen zwischen den Menschen zu knüpfen und nicht nur Luftschlösser zu bauen, sondern Projekte auch wirklich anzustoßen. Deshalb wollen wir auch mehr Begegnungsstätten schaffen und uns nicht nur einmal im Jahr treffen. Und so haben wir zum Beispiel die TEDx Heidelberg Pitch Night initiiert, bei der lokale Rednerinnen und Redner ihre Ideen mit einer größeren Gruppe von Menschen teilen können. Das Format ist mit nur circa 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmern kleinformatiger gegenüber den 700 Menschen, die sich Ende Juli in der Stadthalle einfinden. Die Vorträge müssen bei der TEDx Heidelberg Pitch Night nicht perfekt sein, es geht eher darum, etwas auszuprobieren und die Resonanz im Publikum wahrzunehmen.

Am letzten Freitag im Monat treffen wir uns zu einer TEDx Heidelberg Movie Night. Alle TEDx-Veranstaltungen rund um den Globus werden ja videodokumentiert. Wir wählen einige dieser Videos aus, schauen diese gemeinsam an und setzten uns mit den jeweiligen Ideen auseinander.

ZV: Wer steht hinter TEDx Heidelberg?

JK: Ich habe TEDx Heidelberg 2016 ins Leben gerufen, weil ich mich gefragt habe, weshalb es gerade in der Studentenstadt Heidelberg dieses Format nicht gibt. Mit viel Optimismus und etwas Naivität ging ich dann die Sache an. Heute sind wir ein professionelles Team von 22 Personen zwischen 19 und 55 Jahren mit unterschiedlichem beruflichem Hintergrund, darunter Politikwissenschaftler, Kommunikationsberater und ein Fotograf. Diese Erfahrungswerte ermöglichen es uns auch, eine große Vielfalt an Themen auf die Bühne zu bringen.

ZV: Und was treibt Sie an?

JK: Ich war lange Zeit beim Europäischen Jugendparlament aktiv. Das ist eine politische Bildungsinitiative, die junge Leute aus ganz Europa zusammenbringt, um an europaweite Fragestellungen anknüpfend konkrete Lösungskonzepte auszuarbeiten. Damals habe ich für die projektbasierte Arbeit in einem interkulturellen und internationalen Team Feuer gefangen.

ZV: Vielen Dank für das Gespräch.

 

 

Jannis Kuhlencord

TEDxHeidelberg e.V.

Kurfürstenanlage 52

69115 Heidelberg

https://tedxheidelberg.de

hallo@tedxheidelberg.de

 

Beitragsbild: pixabay.com