Elektromobilität und Digitalisierung

Die Automobilindustrie steht angesichts klimapolitischer Anforderungen, der Digitalisierung und neuer Geschäftsmodelle am Anfang der tiefgreifendsten Transformation ihrer Geschichte. Technologisch und regulatorisch getriebene Megatrends wie alternative Antriebe, das autonome Fahren oder neue Mobilitätsdienstleistungen stellen diese für die deutsche und weltweite Wirtschaft so wichtige Branche vor große Herausforderungen, eröffnen aber gleichzeitig neue Perspektiven für Wachstum und Beschäftigung. Wissenschaftlich fundierte Prognosen darüber, welche Auswirkungen Elektromobilität und Digitalisierung konkret auf die Entwicklung des Beschäftigungsbedarfs bei den größten Automobilunternehmen haben werden, liegen bisher nicht vor.

 

Kooperation zwischen Wirtschaft und Wissenschaft

 

Für aussagekräftige Analysen und Prognosen bedarf es konkreter produkt- und prozessbezogener Zahlen, Planungsdaten und fachlicher Einschätzungen aus dem Unternehmenskontext. Diese hat der Volkswagen Konzern auf Initiative seines Nachhaltigkeitsbeirats erstmals zur Verfügung gestellt. Die neu erschienene Studie „Beschäftigung 2030: Auswirkungen von Elektromobilität und Digitalisierung auf die Qualität und Quantität der Beschäftigung bei Volkswagen“ des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO ermöglicht eine breite Übertragbarkeit ihrer Befunde, da dank der zur Verfügung gestellten Daten eine umfassende Betrachtung vorgenommen werden konnte, die Rückschlüsse auf das gesamte automobile Ökosystem zulässt.

 

Transformation zum Anbieter nachhaltiger Mobilität

 

Michael Sommer, Mitglied des Nachhaltigkeitsbeirats von Volkswagen und Schirmherr der Studie, berichtet: „Als unabhängiges Gremium haben wir uns dazu verpflichtet, dem Unternehmen beratend zur Seite zu stehen und Strategien aufzuzeigen, wie die Transformation zum weltweit führenden Anbieter nachhaltiger Mobilität unter Berücksichtigung sozialer, ökologischer und ökonomischer Aspekte gelingen kann. Daher haben wir Ende 2019 die Studie beim Fraunhofer IAO in Auftrag gegeben. Die Studie ist nicht zuletzt aufgrund ihrer Transparenz ein zentraler Baustein auf diesem Weg und so ein absolutes Novum. Das Team von Fraunhofer IAO um Prof. Bauer hat hier hervorragende analytische Arbeit geleistet.“

 

Elektromobilität und Digitalisierung

 

Das zentrale Ergebnis der Studie lautet: Das immer wieder befürchtete Szenario von massenhaft wegfallenden Arbeitsplätzen bewahrheitet sich aufgrund der Planungen und Szenarien bei Volkswagen nicht. So werden die Beschäftigungsverluste durch Elektromobilität in der Fahrzeugfertigung weitaus geringer ausfallen, als in bisherigen globalen Studien prognostiziert. Stärker betroffen ist der Bereich der Komponentenfertigung, da der Arbeitsaufwand für den elektrischen Antriebsstrang hier im Gegensatz zum herkömmlichen Antrieb sinkt. Im Unternehmen sind daher frühzeitig strategische Gegenmaßnahmen ergriffen worden, um die Beschäftigungseffekte infolge der Elektromobilität abzufedern, zum Beispiel durch das Erschließen neuer Kompetenzfelder wie der Batteriezellentwicklung und -fertigung. Zudem zeigt sich, dass die Umstellung auf Elektromobilität als Katalysator für die Automatisierung von Tätigkeiten in der Produktion und Logistik fungieren kann, was insbesondere direkte Arbeitsplätze in diesen Bereichen betrifft.

 

Keine massenhaft wegfallenden Arbeitsplätze

 

Was den zweiten Treiber Digitalisierung angeht, ist mittelfristig sogar zunächst mit einem Jobzuwachs zu rechnen, da deren Umsetzung sehr komplex ist und entsprechende Ressourcen erfordert. Dies betrifft vor allem den Bereich der indirekten Beschäftigten. Dr. Florian Herrmann, Projektleiter und Institutsdirektor am Fraunhofer IAO fasst die Erkenntnisse der Studie zusammen: „Die Auswertung der unternehmensspezifischen Daten von Volkswagen zeigt, dass es keinen einheitlichen Trend der Beschäftigungsentwicklung für die nächsten zehn Jahre gibt. Je nach Bereich können neue Arbeitsplätze entstehen, wegfallen oder sich inhaltlich stark verändern.“ Dabei müsse man zwischen den technologiegetriebenen qualitativen und den quantitativen Veränderungen der Arbeit unterscheiden. Denn während sich die quantitativen Veränderungen bei vorausschauender Planung auch aufgrund der demografischen Entwicklung im untersuchten Fall sozialverträglich gestalten ließen, verlangten die qualitativen Veränderungen einen teils massiven Kompetenzaufbau.

 

Komplexe Transformationsprozesse systematisch gestalten

 

Die gesamte Automobilindustrie steht vor einer großen Transformationsaufgabe. Die am Beispiel Volkswagenerarbeiteten Ergebnisse der Studie zeigen, wie sich unter Anwendung wissenschaftlich gesicherter Methoden die Auswirkungen von Elektromobilität und Digitalisierung auf die Quantität und Qualität der Beschäftigung erheben lassen. „Wir hoffen, dass weitere Unternehmen dem Beispiel VW folgen und so neue Partnerschaften auf Augenhöhe zwischen OEMs, Zulieferern, Wissenschaft und Politik entstehen. Hierbei gilt es neue Wertschöpfungssysteme aufzubauen und das Wissen zu neuen Geschäftsmodellen und Technologien zu teilen und abzusichern“, sagt Dr. Florian Herrmann.

 

Die Studie ist steht hier zum Download bereit.

 

Eine Kurzzusammenfassung der Studie kann hier heruntergeladen werden.

 

Quelle:  Fraunhofer IAO

 

 

Beitragsbild: pixabay.com