Bürokratie stärker in der Kritik als Schuldenbremse

6. Mrz 2024

Trotz der aktuell angespannten Haushaltslage sehen vom ZEW Mannheim befragte Finanzmarktexpertinnen und -experten in der Schuldenbremse nicht das größte Investitionshemmnis. Stattdessen machen sie zu schwerfällige bürokratische Prozesse und hohe Sozial- und Personalausgaben für zu geringe öffentliche Investitionen verantwortlich. Zu diesem Ergebnis kommt die Sonderfrage des ZEW-Finanzmarkttests vom Februar 2024, an der sich 173 Finanzmarktexpertinnen und -experten beteiligt haben.

„Während die Existenzberechtigung der Schuldenbremse im öffentlichen Diskurs von manchen ganz in Zweifel gezogen wird, sind sich die Expertinnen und Experten weitgehend einig, dass die Schuldenbremse ein wichtiger finanzpolitischer Anker ist. Fast 95 Prozent der Befragten sprechen sich dafür aus, die Schuldenbremse entweder in ihrer jetzigen Form beizubehalten oder um eine sogenannte Investitionsregel zu ergänzen. Eine Abschaffung der Schuldenbremse wird dagegen nur von einer sehr kleinen und sogar schrumpfenden Minderheit befürwortet“, kommentiert Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Leiter des ZEW-Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“. „Die Expertinnen und Experten üben deutliche Kritik an schwerfälliger Bürokratie und zu langen Genehmigungsverfahren sowie dem Umfang an nicht-investiven Ausgaben. Dort besteht deutlich mehr Reformbedarf als bei der Schuldenbremse.“

 

Schuldenbremse erhält auch in Krisenzeiten Rückhalt

 

Im Vergleich zur letzten Umfrage vom Dezember 2019 zeigt sich, dass sich der Rückhalt für die Schuldenbremse trotz kostspieliger Krisen kaum verändert hat. Unter den Expertinnen und Experten hat sich die Schuldenbremse somit als stabiles und verlässliches Instrument etabliert. Entsprechend hat sich der Anteil der Befragten, die eine Abschaffung der Schuldenbremse befürworten, von 12,1 Prozent im Jahr 2019 sogar auf 5,8 Prozent im Jahr 2024 mehr als halbiert. Bei der Beurteilung der wichtigsten Hindernisse für höhere öffentliche Investitionen steht die Schuldenbremse daher auch nicht an erster Stelle.

 

Bürokratie ist Haupthindernis für Investitionen

 

Bereits im Jahr 2019 identifizierten die Expertinnen und Experten bürokratische Prozesse und Strukturen als Haupthindernis für öffentliche Investitionen, daran hat sich auch in der aktuellen Befragung nichts geändert. An zweiter Stelle folgen die nicht-investiven Staatsausgaben, die aus Sicht der Befragten ein Ausmaß angenommen haben, das den Spielraum für wichtige Investitionen auch bei ausreichend hohen Steuereinnahmen einengt. Im Jahr 2019 sahen hier noch 43,9 Prozent der Befragten ein Hindernis, in 2024 sind es mit 67 Prozent deutlich mehr. Erst danach wird die Schuldenbremse von 33,3 Prozent der Befragten im Jahr 2019 und in 2024 von 38 Prozent als Investitionshemmnis genannt – ein Anstieg auf eher niedrigem Niveau. Als deutlich weniger bedeutsames Hindernis werden Engpässe in der Bauwirtschaft betrachtet. Während hier 2019 noch 55,1 Prozent der Befragten einen Bremsfaktor ausmachten, sind dies heute nur noch 15,9 Prozent. Hier schlägt sich erkennbar die Rezession in der Bauwirtschaft mit der fallenden Kapazitätsauslastung nieder, die es der öffentlichen Hand wieder erleichtert, Vorhaben zu realisieren.

Der ZEW Finanzmarktreport steht hier zum Download bereit.

 

Quelle: ZEW

 

 

Beitragsbild: pixabay.com