Eine Basis für neue Energien

Es reicht nicht aus, neue Energien nur zu erzeugen. Das immer komplexere Zusammenspiel von Energieerzeugung, -speicherung und -verbrauch verlangt nach einem leistungsfähigen Energiemanagement. Zeitenvogel sprach mit Dominik Gluba (energybase) über das Connected Home, virtuelle Kraftwerke, Elektromobilität und eine Möglichkeit, Energie intelligent zu managen.

 

Dominik Gluba

Foto: energybase

Das vernetzte Haus

 

ZV: Herr Gluba, was sind die Erfordernisse an ein modernes Energiemanagement?

DG: Ein modernes Energiemanagement sollte Konnektivität im Haus des Kunden bieten: Es sollte Energieerzeuger, -speicher und -verbraucher miteinander verbinden können, also eine Photovoltaikanlage, Batteriespeicher, Wallboxen und Elektromobile, Wärmepumpen und Warmwasserbereitung. Dazu müssen die Geräte über eine Schnittstelle ansteuerbar sein.

So schafft ein Energiemanagementsystem die Möglichkeit, vorhandene Flexibilität besser zu nutzen, da zum Beispiel die Beladung eines Batteriespeichers oder eines Elektrofahrzeugs, zum Zeitpunkt überschüssigen Sonnenstroms erfolgen. So wird eigentlich „überschüssige“ Sonnenenergie nicht verschwendet. Das Energiemanagement sorgt dafür, dass der Kunde über Erzeugungs- und Verbrauchsprognosen Transparenz gewinnt und durch die Optimierung seiner Anlage Geld spart.

ZV: Was ist das Ziel eines vernetzten Hauses?

DG: Ein vernetztes Haus umfasst zwei Dimensionen, die Komfortwelt und die Energiewelt. Die Komfortwelt wird durch das Smart Home geprägt: Sicherheit, Beleuchtung, Entertainment und verschiedene Sprachassistenten. Wir bieten mit energybase eine Lösung an, die als intelligente Schaltzentrale das Connected Home der Zukunft integrieren und die Energiewelt organisieren kann.

Der Kunde wird von unserem Produkt aber nur wenig mitbekommen – die eigentliche Steuerung wird über Sprachassistenten oder mobile devices stattfinden. Nach einer kurzen Anlernphase ist das System dazu in der Lage, standardisierte Abläufe im Haus zu erkennen und Verbrauchsprognosen immer detaillierter vorherzusagen – es passt sich optimal an das Verhalten des Kunden an und muss dadurch nur in begrenztem Umfang interagieren.

Auf der Seite der Energieerzeugung ist die lokale Optimierung von Energieerzeuger, -speicher und  -verbraucher ein wichtiges Thema, aber auch die Vernetzung von mehreren Haushalten. Wir kommen von den 500 großen Kraftwerken der Vergangenheit zu jetzt ungefähr 1,7 Millionen dezentralen Erzeugeranlagen mit der Tendenz zu 7 Millionen bewirtschaftungsfähigen Anlagen in wenigen Jahren. Die Vernetzung dieser Anlagen und die Volatilität der Stromerzeugung sind große Herausforderungen, die wir mit Hilfe der energybase meistern wollen.

 

Eine Basis für intelligentes Energiemanagement

 

ZV: Was ist energybase?

DG: Energybase besteht aus einer Hardware- und einer Softwareplattform, die wir Energieversorgern, Energiedienstleistern – wie zum Beispiel Großhändlern – oder Herstellern zur Verfügung stellen. Die Hardware besteht aus einer kleinen grauen Box, die im Zählerschrank des Kunden verbaut wird. Sie misst den gesamten Strom, der vom intelligenten Haus bezogen oder vom Haus in das Netz zurück gespeist wird. Zugleich sorgt ein kleiner PC für die Intelligenz der Box. Diese Komponente wird über ein LAN-Kabel oder über Powerline in das Netzwerk des Kunden integriert. Sie kommuniziert so auch mit dem zweiten Teil unseres Systems, dem Backend, in dem wir weitere Intelligenz und Prognosefähigkeit – zum Beispiel Wetterdaten oder Strombörsendaten – bereitstellen. Über das Backend können unsere Kunden und unsere Partner auch auf das System zugreifen, Visualisierungen abrufen und Drittsysteme anschließen.

ZV: Lässt sich energybase so auch in ein virtuelles Kraftwerk integrieren?

DG: Ja. Ein Beispiel dafür, wie mit Hilfe unserer Plattform einzelne Erzeugungsanlagen zu einem virtuellen Kraftwerk vernetzt werden können,  ist EnBW solar+. Man kann das bildlich so beschreiben: Alle Kunden besitzen gemeinsam eine Art Stromsee. Die Kunden befüllen diesen See mit ihrem Strom aus erneuerbaren Energien, den sie zurzeit nicht nutzen. Wenn sie wieder Strom brauchen, wird ihnen dieser aus dem Stromsee zur Verfügung gestellt. So können wir lokal erzeugten Strom regional, aber auch überregional nutzbar machen. Die Kunden profitieren so gemeinsam von der Nachhaltigkeit des von ihnen erzeugten Stroms.

 

Sicherheit

 

ZV: Wie sicher ist energybase?

DG: Das Thema Sicherheit ist uns sehr wichtig. Hinsichtlich der Gerätesicherheit führt ein Ausfall der Kommunikation oder des Geräts selbst nicht zu einem Ausfall der lokalen Energieversorgung, denn wir betreiben die angeschlossenen Geräte immer innerhalb eines sicheren Betriebsfensters und greifen nie tief in die Steuerung ein. Die Datensicherheit ist ebenso gewährleistet: Wir nutzen zertifikatsbasierte Kommunikation und setzen auf TLS-Verschlüsselung, so dass auch Angriffe von außen praktisch ausgeschlossen sind.

Ebenso ist uns der Datenschutz extrem wichtig. Auf der Box ist ausreichend Speicher verbaut, um die historischen Daten streng verwendungszweckbezogen für mehrere Jahre speichern zu können. Über die Schnittstelle werden nur Daten für jene Services bereitgestellt, die der Kunde nutzen will. Diese Daten werden dann innerhalb unseres Systems verarbeitet.

ZV: An welche Kundenkreise wenden Sie sich?

DG: Energybase baut fertige Endkundenlösungen. Wir haben also ein B2C-Produkt, das wir aber nicht selbst unter unserer energybase-Marke vertreiben. Wir sehen uns eher als Plattformanbieter, der eine Schnittstellenfunktion zwischen Energie, Technologie und Kunden einnimmt. Unsere Partner kommen aus der Energieversorgung, von klein bis groß, aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, so zum Beispiel die Wasserwerke Zug in der Schweiz aber auch große Verteiler wie die Stadtwerke München.

Wir zielen aber auch auf Hersteller von Komponenten, wie Batteriespeicher. Unser Ziel ist es, den Herstellern eine Möglichkeit zu geben, ihre meist sehr fokussierten und eingeschränkt offenen Systeme durch unser herstelleroffenes Energiemanagement so weit zu verbessern, dass sie sich in das sehr heterogene Connected Home der Zukunft integrieren können. Viele Unternehmen haben nicht die Ressourcen, diese fachlichen Fähigkeiten aufzubauen und eine marktführende Lösung anzubieten. Wir verfügen über Standardprodukte, mit denen sie innerhalb von acht Wochen im eigenen Branding an den Markt gehen können. Unsere Produkte bieten aber auch vielfältige Individualisierungsmöglichkeiten, um zum Beispiel eine eigene App oder kundenspezifische Funktionen, wie zum Beispiel Stromgeschenke bei negativen Strombörsenpreisen, einsetzen zu können.

 

Herausforderungen der Elektromobilität

 

ZV: Wo sehen Sie hier Herausforderungen der Elektromobilität?

DG: Wir müssen möglichst attraktive betriebswirtschaftliche Steuerungsmodelle für die Elektromobilität finden. Durch eine Analyse des Batteriezustandes können wir zukünftig die Prognosefähigkeiten unserer Lösungen ausbauen. So werden wir die Auswertung von GPS-Daten und die Einbindung von Ankunfts- und Abfahrtszeit – sofern vom Kunden gewünscht – mit einbinden können. Wie solche Lösungen im Detail auch immer aussehen mögen, das Auto muss morgens um 6 Uhr immer geladen sein.

Das bidirektionale Laden und Entladen von E-Autos als eine Art „fahrender Speicher“ sehe ich, mit Blick in die kommenden 2-3 Jahre, allerdings eher kritisch. Zum einen wird das heute noch nicht in Serie umgesetzt, zum anderen denke ich, dass eine solche Bewirtschaftung auch nur begrenzt funktionieren wird. Es ist nicht nur offen, ob die Mobilitätsanforderungen der Kunden zu den geplanten Modellen passen, auch die Ladesäuleninfrastruktur muss über einen entsprechenden Funktionsumfang verfügen. Darüber hinaus sind die wirtschaftlichen Mehrwerte heute noch ausgesprochen begrenzt.

Wie bei allen Fragen der Konnektivität gibt es auch bei der Elektromobilität noch grundsätzliche Probleme: Die Hersteller müssen offener mit ihren Daten umgehen, damit neue und bessere Bewirtschaftungsmodelle möglich werden. Außerdem benötigen wir einheitliche Standards im Energiemanagement.  Die effektive Verbreitung solcher Standards, wie beispielsweise des EEBUS, ist heute leider noch sehr gering. Für sinnvolle Modelle der E-Mobilität muss man deshalb auch über Rollen und eigene Interessen von Herstellern, Kooperationspartnern und Konsumenten sprechen.

 

Das Unternehmen

 

ZV: Wie entstand energybase?

DG: Wir sind im Innovationsmanagement der EnBW AG angesiedelt. Dieser Freiraum wurde vor circa vier Jahren geschaffen, um abseits des Kerngeschäfts der EnBW neue Geschäftsmodelle entwickeln zu können. In diesem Setup starteten wir Ende 2014 mit dem Auftrag, ein Geschäftsmodell im Bereich Batteriespeichervermarktung zu entwickeln. Wir stellten relativ schnell fest, dass ein Geschäftsmodell noch bessere Chancen bietet, das es dem Kunden erlaubt, recht einfach die Mehrwerte eines Energiemanagementsystems zu nutzen, vor allem Transparenz und Eigenverbrauchsoptimierung

Wir standen dann vor der Entscheidung, ob wir Endkundenprodukte entwickeln oder ob wir uns auf die Plattform konzentrieren und Services für B2B-Kunden anbieten wollen. Schließlich gaben wir das Endkundenprodukt ab – hieraus entstand „solar+“ – und konzentrierten uns auf die Plattformentwicklung. 2016 erweiterten wir unsere Plattform und begannen 2017 mit dem Vertrieb der White-Label-Lösung. Mittlerweile hat energybase über 25 Mitarbeiter und ist mitten im Übergang zur Skalierungsphase.

Künftig werden wir die Themen intelligente Kundeninfrastruktur, Community und neue energiewirtschaftliche Abwicklungsmodelle ins Auge fassen. Wir wollen unseren Partnern nicht nur unser stetig weiterentwickeltes, lokales Energiemanagement anbieten, sondern Anfang kommenden Jahres auch eine White-Label-fähige Community-Lösung offerieren.

ZV: Wie kamen Sie zu energybase?

DG: 2010 begann ich bei der EnBW AG meine zukünftige Karriere zunächst als dualer Student im Bereich der Elektrotechnik. Nach meinem erfolgreichen Abschluss entwickelte ich prozessorientiert neue Produkte und Dienstleistungen im Bereich e-Mobility und Smart Home. Danach konnte ich dank unseres Innovationsmanagements schon recht früh Verantwortung für einen neuen Geschäftsbereich übernehmen. Bei energybase schaffe ich die Möglichkeiten und das Arbeitsumfeld für meine Mitarbeiter, damit sie eigenständig, kreativ und innovativ an unserer Geschäftsidee arbeiten können.

Zugleich sorge ich dafür, dass das Thema „Intelligentes Energiemanagement“ einen höheren Stellenwert in der Agenda der EnBW AG einnimmt und nach außen vertreten wird. Nahe bei den Kunden zu sein ist für uns alle ausgesprochen wichtig – denn nur dann kann man die richtige Lösung mit den richtigen Partnern strategisch weiterentwickeln.

ZV: Vielen Dank für das Gespräch.

 

Dominik Gluba

energybase

EnBW Energie Baden-Württemberg AG

Birkenwaldstraße 34

70191 Stuttgart

www.energybase.com

press@energybase.com

 

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