„Es fehlt an Zutrauen und Zuversicht“

Rund ein Viertel der Unternehmerinnen und Unternehmer plant statt einer Übergabe die Schließung ihres Unternehmens. Von denen, die ihr Unternehmen weitergeben möchten, wünscht sich ein Drittel eine Nachfolge innerhalb der Familie, 26 Prozent den Verkauf an ein anderes Unternehmen und 19 Prozent an eine externe Person. Das sind zentrale Ergebnisse einer Umfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar unter IHK-Mitgliedern. „Diese Befunde decken sich mit der Situation bundesweit“, sagte IHK-Präsident Manfred Schnabel bei der Vorstellung der Umfrage. Bundesweit liege das Verhältnis Übergeber zu Übernehmer im Durchschnitt bei 3,4 zu 1. Das heißt, dass viele Schließungen erfolgen, weil kein Nachfolger zu finden ist. So nennen auch in der Region 36 Prozent als Hemmnis bei der Übergabe, einen geeigneten Nachfolger zu finden.

Als größtes Hemmnis für die Unternehmensnachfolge indes wird die aktuelle gesamtwirtschaftliche Situation genannt (42 Prozent). Auch die Politik erschwert aus Sicht der Unternehmer die Übergabe: So führen 30 Prozent „Bürokratie, Regulierung und behördliche Auflagen“ als Hürde an. In mangelndem Interesse an Selbstständigkeit und Unternehmertum erkennen 21 Prozent ein Hemmnis.

„Die Aufmerksamkeit von Politik und Öffentlichkeit liegt häufig einseitig bei Start-ups oder bei Großunternehmen. Dabei geht der Blick für die Unternehmen in der Breite verloren“, mahnte Schnabel. Als Beispiel führte er die sehr hohen staatlichen Subventionen für Investitionen einzelner Unternehmen in politische definierte Schlüsselbranchen an. Gleichzeitig aber werden Unternehmen geschlossen oder verkauft bzw. es wird Wertschöpfung in andere Länder verlagert. Aktuelles Beispiel für eine großflächige Verlagerung ist der Haushaltgerätehersteller Miele.

Doch Schließung, Verkauf oder Verlagerung hätten immer auch gesellschaftliche Effekte. „Familiengeführte Unternehmen erfüllen wichtige Funktionen im sozialen Gefüge. Sie engagieren sich lokal und zeichnen sich zumeist durch eine starke Bindung an ihre Mitarbeiter sowie den Heimatstandort aus“, erklärte der IHK-Präsident. Mit jedem Verkauf an einen Konzern oder jeder Schließung eines familiengeführten Unternehmens ginge so ein Stück unserer einzigartigen mitteständisch geprägten Wirtschafts- und Sozialstruktur verloren.

An die Politik appellierte Schnabel, durch konsequentes Handeln die Rahmenbedingungen für Unternehmertum, Innovationen und Investitionen wieder zu verbessern. Die aktuelle konjunkturelle Delle sei weniger das Problem als vielmehr die Vielzahl struktureller Mängel und Probleme des Standorts. Der IHK-Präsident forderte daher einen Abbau von Regulatorik, eine Unternehmenssteuerreform sowie eine Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, die Anreize für die Arbeitsaufnahme setze und die die Sozialabgaben nicht weiter steigen lasse.

Die Kombination aus schlechten Rahmenbedingungen auf der einen und geringer Wertschätzung für Unternehmertum auf der anderen Seite habe sich zu einer gefährlichen Melange entwickelt, die Nachfolgeprozesse belaste. „Den Unternehmern und vielen potenziellen Übergebern fehlt es an Zutrauen und Zuversicht. Doch ohne klare Zukunftsperspektiven zögern Übergeber mit der Nachfolge in der Familie; potenzielle Übernehmer überlegen es sich drei Mal, ob sie das Risiko der Selbstständigkeit eingehen sollen“, mahnte der IHK-Präsident.

 

Quelle: IHK Rhein-Neckar

 

 

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