„Die EZB muss eine Perspektive für den PEPP-Exit entwickeln“

Erwartungsgemäß hat der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) keine Änderungen an seinem geldpolitischen Instrumentarium vorgenommen. Auch weiterhin wird das Eurosystem seine Anleihekäufe im Rahmen des PEPP-Krisenprogramms so steuern, dass ein nennenswerter Zinsanstieg verhindert werden soll. Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Leiter des Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft” am ZEW Mannheim, erklärt dazu:

„Der gestrige Urteilsspruch aus Karlsruhe mit dem grünen Licht für den EU-Corona-Plan hat den EZB-Rat kurzfristig entlastet. Die EZB bleibt nicht länger allein in ihrer Verantwortung, die reibungslose Finanzierung der hohen pandemiebedingten Staatsdefizite in der Eurozone abzusichern. Schon zur Jahresmitte wird die Europäische Kommission die ersten gemeinsamen EU-Anleihen emittieren und damit beginnen, Milliardenbeträge an die klammen Mitgliedstaaten zu überweisen. Aber auch für die glatte Finanzierung dieser EU-Verschuldung bleibt die EZB von großer indirekter Bedeutung. Denn zweifellos werden die Zentralbanken des Eurosystems die wichtigsten Aufkäufer der neuen EU-Bonds sein. Die Hochschulden-Staaten der Eurozone bleiben also direkt und indirekt von den Ankäufen der EZB abhängig.

Es ist abzusehen, dass die Entscheidungsfindung im EZB-Rat in der zweiten Jahreshälfte wesentlich konfliktreicher werden wird als bisher. Mit der steigenden Euro-Inflationsrate und der weiteren wirtschaftlichen Erholung stellt sich immer drängender die Frage, wann der Ausstieg aus PEPP beginnt. PEPP hat die EZB noch viel näher in Richtung der verbotenen monetären Staatsfinanzierung gerückt und ist daher nur als Ausnahme in einer gravierenden Krisensituation zu verantworten. Die EZB muss langsam eine glaubwürdige Perspektive für den PEPP-Exit entwickeln.“

 

Quelle: ZEW

 

 

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