EXOWORKATHLON 2021: Fachkonferenz für Exoskelette

Der Markt wächst. Zahlreiche Hersteller bieten Exoskelette an, die Fachkräfte bei der Produktion und Montage unterstützen. Bei welchen Tätigkeiten die verschiedenen Modelle tatsächlich Schutz vor Überlastung bieten und die Leistungsfähigkeit steigern, untersucht ein Forscherteam in einem Live-Experiment während der Europäischen Fachkonferenz WearRAcon vom 5. bis 7. Oktober in Stuttgart.

 

Verbesserung der Arbeitsqualität und Vermeidung von Folgeschäden

 

Schwere Kisten tragen, überkopf Bauteile festschrauben, ein Schweißgerät mehrere Minuten auf Augenhöhe halten – die Arbeit in der Produktion und Montage kann kräftezehrend sein. „Hier können Exoskelette helfen, die Muskulatur zu entlasten, die Arbeitsqualität zu verbessern und Folgeschäden zu vermeiden“, erklärt Dr. med. Urs Schneider, Leiter des Bereichs „Medizin- und Bioproduktionstechnik“ am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA und Präsident der europäischen WearRAcon-Konferenz.

Exoskelette sind Stützkonstruktionen für Arme, Beine und Rumpf, die über der Arbeitskleidung getragen werden. Verschiedene Hersteller bieten unterschiedliche Typen an. Um wissenschaftlich zu evaluieren, inwieweit diese die Muskel- und Skelettbelastung verringern und die Leistungsfähigkeit erhöhen, hat Schneiders Team zusammen mit der Universität Stuttgart ein Live-Forschungsevent organisiert: Beim Exoworkathlon, der zeitgleich mit der WearRAcon Konferenz in Kooperation mit der Wearable Robotics Association stattfindet, werden mehrere Dutzend Probanden unter medizinischer Aufsicht an vier Teststationen Lasten tragen, schweißen, schrauben und lackieren. Zum Einsatz kommen dabei sechs verschiedene Exoskelette verschiedener Bauart.

 

Praxistest für Exoskelette

 

Die Test-Stationen wurden von den Expertinnen und Experten am IPA zusammen mit Spezialisten für Ergonomie und Arbeitssicherheit aus der Industrie entwickelt und spiegeln typische Arbeitssituationen wider, die oft mit Zwangshaltungen verbunden sind: So müssen die Probanden unter anderem Kisten tragen, mit einem Schweißsimulator auf Augenhöhe eine Linie abfahren oder überkopf Latten an ein Baugestell schrauben – jeweils eine Stunde lang mit und eine Stunde lang ohne Exoskelett. Während der Arbeit messen Sensoren verschiedene leistungsphysiologische Parameter wie die Aktivität der Muskeln, die Durchblutung des Herzens und die Belastung des Herzkreislaufsystems. Die subjektive Einschätzung der Probanden wird nach jedem Durchgang mit Hilfe von Fragebögen ermittelt. Die Teilnehmer der Konferenz – Hersteller von Exoskeletten, Anwenderfirmen, Forscher, Arbeitsmediziner, Ergonomen und Unfallversicherer – können den Exoworkathlon live mitverfolgen.

Mit Hilfe der Daten, die bei dem Event gesammelt werden, wollen die Forschenden am IPA und am IFF der Universität Stuttgart ermitteln, welche Entlastung die getesteten Exoskelette bringen und inwieweit sie vor den Folgeschäden schwerer körperlicher Arbeit schützen können. „Wir wissen heute, dass sich Überlastungen – die vor allem von jungen Menschen oft kaum wahrgenommen werden – langfristig auswirken und im Laufe des Berufslebens zu Ausfällen und Erwerbsunfähigkeit führen. Exoskelette bieten Fachkräften die Chance, sich langfristig vor solchen Folgeschäden zu schützen“, erklärt Verena Kopp, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am IPA und am IFF der Universität Stuttgart.

 

Kräfte sparen für die Zukunft

 

„Für Berufsanfänger, die ihr Leben noch vor sich haben, ist es besonders wichtig, dass sie die Möglichkeiten, die Exoskelette bieten, kennenlernen und über die Vorteile informiert sind“, betont Bernhard Mellert, Leiter der Fachschule für Technik, Gießereitechnik, Modellbau der Wilhelm-Maybach-Berufsschule. Die Schule war von Anfang an einer der Exoworkathlon-Kooperationspartner. Zahlreiche Schüler machen als freiwillige Pro- banden bei den Live-Experimenten mit. Außerdem unterstützen Medizintechnikstudierende der Universität Stuttgart und Technikerschüler das Projekt.

Vom 26. bis 29. Oktober werden auf der Arbeitsschutzmesse A+A, der Weltleitmesse für sicheres und gesundes Arbeiten, in Düsseldorf die Stationen für den Exoworkathlon II wiederaufgebaut. Über beide Projekte werden Studien erscheinen.

 

Weitere Informationen zur Tagung finden Sie hier.

 

Quelle: Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA

 

 

Beitragsbild: Beim Festschrauben von Bauteilen überkopf hilft ein Exoskelett, die Muskulatur zu entlasten und Folgeschäden zu vermeiden; Foto: Fraunhofer IPA/Rainer Bez.