Studie zu finanzieller Bildung in Deutschland

Die Bedeutung finanzieller Bildung ist in den letzten Jahren stark gewachsen, vor allem im Hinblick auf die aktuelle Debatte um eine ausreichende Altersvorsorge und die finanzielle Teilhabe von Menschen aus finanziell prekären Verhältnissen. Laut einer neuen Studie von Prof. Dr. Carmela Aprea und Merve Suna, M.Sc. vom Mannheim Institute for Financial Education (MIFE) an der Universität Mannheim gibt es in Deutschland bereits zahlreiche Finanzbildungsangebote. Diese stammen von unterschiedlichsten Akteurinnen und Akteuren – von privatwirtschaftlichen Unternehmen über Non-Profit-Organisationen bis hin zu öffentlichen Einrichtungen wie der Deutschen Bundesbank.

Die Bestandsaufnahme der Studie zeigt jedoch, dass sich die meisten Angebote auf bestimmte Zielgruppen, wie Schülerinnen und Schülern, junge Erwachsene und wohlhabende Frauen, konzentrieren. Andere Bevölkerungsgruppen, insbesondere Menschen in prekären Lebenslagen, Geflüchtete oder ältere Menschen, werden kaum berücksichtigt. Auch Themen wie digitale Finanzprodukte oder komplexere Finanzentscheidungen finden nur selten Beachtung. Diese Ungleichverteilung der Zielgruppen und Inhalte führt zu Lücken in der Finanzbildung und verhindert eine flächendeckende Wirkung. „Qualitativ hochwertige Finanzbildung sollte für alle Menschen zugänglich sein, unabhängig von ihrem sozialen oder wirtschaftlichen Status. Im Sinne der Teilhabe sollten dabei insbesondere auch benachteiligte Gruppen erreicht werden, um sie darin zu unterstützen, finanzielle Stabilität zu erreichen, sich vor Verschuldung zu schützen und ihre wirtschaftlichen Aussichten zu verbessern“, so Aprea.

Die Studie hebt hervor, dass viele der existierenden Programme kurzfristig und vorwiegend nur informationsvermittelnd sind. Wissenschaftliche Erkenntnisse werden selten in die Gestaltung einbezogen, und fundierte Evaluationsmaßnahmen zur Wirksamkeit der Angebote fehlen weitgehend. Zudem zeigt sich, dass insbesondere privatwirtschaftliche Anbieter*innen, die Finanzbildung als Geschäftsfeld betreiben, ihre Programme oft mit Verkaufsstrategien vermischen. Diese Vermischung bewertet die Studie als problematisch, da es bei Finanzbildung nicht nur um Wissensvermittlung, sondern auch um den Aufbau von Vertrauen in die vermittelnden Institutionen geht. Inhaltlich dominieren in den untersuchten Programmen Themen wie Sparen und Investieren, während langfristige Finanzentscheidungen, wie die Altersvorsorge oder die Absicherung von Lebensrisiken, seltener behandelt werden. Nicht-kognitive Aspekte wie etwa Werthaltungen oder Emotionen, die Finanzentscheidungen stark beeinflussen, kommen ebenfalls zu kurz. Hier sieht die Studie erhebliches Verbesserungspotenzial. „Bei Finanzentscheidungen geht es immer auch darum, was jemand unter einem guten Leben versteht. Diese Vorstellungen sind unter den Menschen unterschiedlich ausgeprägt. Gute Finanzbildung sollte hier Reflexion anregen“, erläutert Co-Autorin Suna.

Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse formulieren die Autorinnen konkrete Vorschläge für die Weiterentwicklung der Finanzbildung in Deutschland. Zentrale Empfehlungen sind die stärkere Koordinierung und Qualitätssicherung der Bildungsangebote sowie die Entwicklung eines umfassenden Kompetenzmodells, das eine systematische Verankerung finanzieller Bildung in der Gesellschaft ermöglicht. Kooperationen zwischen unterschiedlichen Anbieterinnen und Anbietern könnten zudem die Effizienz steigern und Überschneidungen vermeiden.

 

Die Studie „Finanzbildungsangebote in Deutschland: Bestandsaufnahme, kritische Würdigung und Perspektiven für die nationale Strategieentwicklung“ finden Sie hier.

 

Quelle: Universität Mannheim

 

 

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