Der IHK-Konjunkturbericht im Juli 2020

24. Jul 2020

Die Corona-Krise hat die Unternehmen im Bezirk der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar fest im Griff. „Schon zu Beginn des Jahres, also noch vor Corona, war die Stimmungskurve am Sinken. Dann kam Corona und sie ist abgestürzt. Doch jetzt gibt es allererste Anzeichen einer zögerlichen Entspannung, wenn auch nicht für alle Unternehmen“, kommentiert IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Axel Nitschke die aktuelle IHK-Konjunkturumfrage, an der sich 542 Unternehmen beteiligt haben.

 

Konjunkturklimaindex

 

Der Konjunkturklimaindex liegt mit 79 Punkten 39 Prozentpunkte niedriger als zu Jahresbeginn. 40 Prozent der Betriebe schätzen ihre derzeitige Lage als schlecht ein, 20 Prozent als gut. 21 Prozent der Unternehmen mit positiven Geschäftserwartungen stehen 43 Prozent gegenüber, die davon ausgehen, dass sich ihre Situation weiter verschlechtern wird. „Im Boom der vergangenen Jahre erlebten wir einen Gleichschritt der Geschäftsentwicklungen. Das ist erst Mal vorbei“, sagt Nitschke. „Nach starken Umsatzrückgängen im April und Mai wecken die Entwicklungen in den vergangenen Wochen für einen Teil der Unternehmen die Hoffnung, dass sie wieder Fuß fassen“, fasst Nitschke die Tendenz zusammen, die auch die monatlichen IHK-Blitzumfragen berücksichtig. So war zuletzt die Zahl der Unternehmen, die über Umsatzrückgänge klagten, etwas zurückgegangen.

 

Industrieunternehmen

 

Weiterer Hoffnungswert: Die Industrieunternehmen schätzen ihre Zukunft besser ein als die Lage. „Die etwas verbesserten Erwartungen deuten darauf hin, dass der Sektor den Tiefpunkt der Krise bereits überwindet. Das ist erfreulich, denn die Industrie ist Taktgeber für die Wirtschaft“, so Nitschke. Die Industriebranchen waren zwar nicht direkt vom Lockdown betroffen, doch starke Umsatzeinbrüche im In- und Ausland trafen auch diese Unternehmen schwer. Der Saldo der Lageeinschätzungen ist um 50 Punkte auf -28 Prozentpunkte gefallen, der Saldo der Geschäftserwartungen liegt bei -13 Punkten. Derzeit sind die Kapazitäten mit 67 Prozent deutlich unterdurchschnittlich ausgelastet. Zu Jahresbeginn lag die Auslastung bei 84 Prozent.

 

Investitions- und Beschäftigungspläne

 

Die schwierige Situation schlägt sich auch auf die Investitions- und Personalplanung der Unternehmen nieder: Knapp jedes dritte Unternehmen will seine Investitionen zurückfahren, 11 Prozent wollen mehr investieren. Ein Viertel der Betriebe plant derzeit keine Investitionen. „Die Unsicherheiten rund um die Corona-Pandemie und deren wirtschaftliche Auswirkungen haben zur Folge, dass Investitions- und Beschäftigungspläne in der Schublade landen“, beschreibt Nitschke die Lage. 8 Prozent der Unternehmen haben vor, in den nächsten 12 Monaten mehr Personal einzustellen, 32 Prozent wollen Personal abbauen. Die Industrieunternehmen haben vor, ihre Investitionen zu reduzieren und nehmen ihre Personalplanungen zurück. Der Beschäftigungssaldo der Branche sinkt auf -34 Punkte, der Investitionssaldo auf -28 Punkte. Im Vergleich mit Handel und Dienstleistungsgewerbe sind dies die niedrigsten Werte.

 

Arbeitsmarkt

 

Kurzarbeit hilft zwar dabei, den Arbeitsmarkt der Region zu stabilisieren, doch die Arbeitslosenquote im IHK-Bezirk liegt mit 5,3 Prozent im Juni 1,4 Prozentpunkte höher als im Vorjahresmonat. Die Zahl der gemeldeten Arbeitsstellen bricht im Vergleich zum Vorjahresmonat um 45 Prozent ein und liegt derzeit bei 4.831 offenen Stellen.

 

Exportgeschäft

 

Trüb ist die Stimmung der exportierenden Unternehmen: „Mehr als sechs von zehn Euro verdient die regionale Industrie im Ausland. Eine schwächelnde Inlandsnachfrage konnte in der Vergangenheit durch das Exportgeschäft ausgeglichen werden, doch derzeit gibt es außer China kaum ein Land, das nicht wirtschaftlich massiv unter Corona leidet. Immer dünnere Auftragsbücher führen zu niedrigen Exporterwartungen“, sagt Nitschke. Der Saldo der Erwartungen an das Auslandsgeschäft sinkt um 32 Punkte auf -19 Prozentpunkte, nachdem er sich zu Jahresbeginn noch deutlich erholt hatte und zuletzt bei +13 Punkten lag. Vor allem das Geschäft mit den Ländern Europas und den USA ist sehr schwach. Im Asiengeschäft, mit China als wichtigstem Markt, laufen die Geschäfte wieder an und dürften sich stabilisierend auf die Exporte auswirken.

 

Dienstleistungen

 

Besonders stark brechen Lage und Erwartungen bei den Dienstleistern der Region ein. Die sinkende Inlandsnachfrage und strenge Corona-Verordnungen machen den Betrieben schwer zu schaffen. Einige Unternehmen dürfen bis heute ihre Geschäftstätigkeit noch nicht wieder aufnehmen. „Wir wissen um die teilweise dramatische Situation vieler Dienstleister: Das Geschäft der Gastronomen und Hoteliers läuft nur schleppend wieder an, Messebauer sind seit Monaten praktisch ohne Umsätze, in den Reisebüros bleiben die Kunden aus. Und das sind nur einige Beispiele“, sagt Nitschke.

 

Handel

 

Auch viele Händler der Region litten unter den Betriebsschließungen während des Lockdowns. Berichteten zu Jahresbeginn 42 Prozent der Unternehmen von guten Geschäften, so melden aktuell nur noch 23 Prozent, dass sie ihre Lage positiv einschätzen. Die Corona-Pandemie wird im Handel mit Abstand am häufigsten als Geschäftsrisiko genannt. „Die Corona-Verordnungen und die coronabedingte Vorsicht der Verbraucher prägen den Einzelhandel. Ob der Konsum durch die Mehrwertsteuersenkung wieder angekurbelt werden kann, bleibt abzuwarten: Möglichen positiven Effekten steht ein erheblicher Umstellungsaufwand bei den Unternehmen gegenüber“, gibt Nitschke zu bedenken.

 

Geschäftsrisiken

 

Bei den Geschäftsrisiken ist die Corona-Pandemie mit ihren Auswirkungen auf In- und Auslandsnachfrage das vorherrschende Thema. Logistische Engpässe bei der An- und Auslieferung von Waren sind weitere schwerwiegende Folgen der Krise, die vor allem Händlern und Industrieunternehmen zu schaffen machen. Die Dienstleister der Region leiden besonders unter Liquiditätsengpässen durch ausbleibende Umsätze. Der Fachkräftemangel, in den letzten Jahren das Geschäftsrisiko Nummer 1, wird aktuell von 27 Prozent der Betriebe als Hemmnis genannt. Zu Jahresbeginn waren es noch 58 Prozent.

 

Umgang mit der Corona-Krise

 

Die Unternehmen wurden auch zu ihrem Umgang mit der Corona-Krise befragt. Um liquide zu bleiben, nutzt rund die Hälfte der Betriebe Kurzarbeit, mehr als ein Drittel der Unternehmen passt seine Arbeitszeitmodelle flexibel an und ein Drittel baut auf mehr Digitalisierung. Auch eine Umstellung des eigenen Geschäftsmodells wird von 22 Prozent der Unternehmen genannt. Weitere 23 Prozent der Betriebe entscheiden sich für Rationalisierungsmaßnahmen.

 

Den aktuellen IHK-Konjunkturbericht finden Sie hier.

 

Beitragsbild: pixabay.com