Die erste Kommunikationsrevolution

Über Jahrtausende war die einzige Möglichkeit, mit anderen Menschen über größere Entfernungen in Kontakt zu treten, die persönliche Reise oder der Brief. Sicherlich hatte es allerlei optische und akustische Signale – Feuer, Rauch und Sturmglocken – gegeben. Deren Leistungsfähigkeit in Bezug auf die Informationsübermittlung war allerdings begrenzt.

 

Flügel und Arme

 

1791 begann das Zeitalter moderner Kommunikation. Der französische Ingenieur Claude Chappe (1763-1805) entwickelte ein System optischer Signalgeber, die auf einer ganzen Kette von Türmen installiert sein sollten. Durch veränderbare Flügel an einem drehbaren Arm waren 196 Kombinationen aus Buchstaben, Zahlen und Wörtern darstellbar. In nur neun Minuten konnten so Botschaften über 190 Kilometer geschickt werden. Auch wenn die Kosten für die Signaltürme beträchtlich waren, verbanden entsprechende Linien bald Paris mit Brüssel und Antwerpen. Uns allen ist ein Nachfahre dieser Instrumente mit den Formsignalen der Eisenbahn geläufig.

 

Ein Draht läuft heiß

 

Zum Durchbruch kam das Prinzip der Telegraphie jedoch erst mit Hilfe von Metalldrähten und elektrischem Strom. An einem Ende der Leitung tippt der Sender auf einen elektrischen Schalter und schließt so jeweils kurzzeitig einen Stromkreis. Am anderen Ende der Leitung setzt der Strom bei geschlossenem Stromkreis einen Anzeigemechanismus in Gang, etwa das berühmte Tackern der Nadel. 1836 ließen sich Charles Wheatstone (1802-1875) und William Fothergill Cooke (1806-1879) den elektrischen Telegraphen patentieren. 1844 führte Samuel Morse (1791-1872) dem amerikanischen Kongress seinen Morsecode vor. Wenige Jahre später wurde die erste Telegraphenlinie zwischen Washington und Baltimore eröffnet. Rasch nutzten Regierungen, Wirtschaft und Militär die neue Erfindung. In den folgenden Jahrzehnten sollten Telegraphen und Eisenbahnlinien die Welt – nicht immer auf friedliche Art – vernetzen und die Grundlagen für die Globalisierung der Gegenwart legen.

 

Ring Ring

 

Der Nadeltelegraph hatte jedoch einen entscheidenden Nachteil: Es konnte immer nur eine Information auf einmal gesendet werden. Alexander Graham Bell (1847-1922) experimentierte mit Möglichkeiten, über verschiedene Tonhöhen mehrere Telegramme gleichzeitig zu übermitteln. Bei seiner Arbeit kam ihm die Idee, auf den Morsecode zu verzichten: Warum nicht gleich konsequent statt Tonhöhen die menschliche Sprache übermitteln? Auch andere Forscher wie etwa Antonio Meucci (1808-1889) und Elisha Gray (1835-1901) experimentierten mit Vorläufern des Telefons. Bell erhielt jedoch als erster ein entsprechendes Patent, wenngleich das Verfahren bis heute nicht unumstritten ist. Die Öffentlichkeit musste jedoch mühsam vom Nutzen des neuen Kommunikationsmittels überzeugt werden, bevor es im Laufe der nächsten Jahrzehnte die Telegraphie weitgehend ersetzte.

 

Die Wurzeln des Smartphones

 

Viele Aspekte an diesen knapp 100 Jahren Kommunikationsgeschichte kann man heute wiedererkennen: Lösungen wie der optische Telegraph, die wichtige Techniken (Kommunikation durch Signale) erarbeiten, aber rasch durch leistungsfähigere und billigere Möglichkeiten (elektrischer Telegraph) ersetzt werden, Patentstreitigkeiten oder auch der Wettbewerb zwischen Schrift und Sprache. Hielt man bis vor wenigen Jahren das gesprochene Wort gegenüber der Textnachricht für überholt, erlebt es heute durch Sprachsteuerung und Diktierfunktion der Smartphones ein Comeback. In jedem Handy steckt somit auch ein ganzes Stück der Kommunikationsrevolution des 19. Jahrhunderts.

 

Beitragsbild: pixabay.com