Neue Technologien für die Demontage von Elektroautos

Im April endete das Forschungsprojekt „DeMoBat“. Darin erarbeiteten zwölf Verbundpartner Konzepte und Anwendungen, um Komponenten von Elektroautos nachhaltig und wirtschaftlich handhaben und wiederaufbereiten zu können und somit keine wertvollen Rohstoffe zu verschwenden. Die Projektkoordination lag beim Fraunhofer IPA, gefördert wurde es vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg.

Der Beschluss des EU-Parlaments über das Verbrenner-Aus ab 2035 hat es besiegelt: Die Zukunft der Automobilbranche liegt in der Elektromobilität. Und schon heute fahren immer mehr Elektroautos auf den Straßen. Weil ein Batteriesystem jedoch nur eine durchschnittliche Lebensdauer von etwa zehn Jahren hat, wächst der Berg an ausgedienten Batterien und damit das Problem der Entsorgung und des Recyclings der elektrischen Komponenten. Außerdem hat die diesjährige Automobilmesse in Shanghai gezeigt, dass der Umstieg zum E-Auto auch die Verhältnisse auf dem weltweiten Automarkt verändert und deutsche Hersteller nicht ohne weiteres an ihre bisherige Führungsrolle anknüpfen können.

„Ein entscheidender Faktor, um im Wettbewerb bestehen zu können, sind die Verfügbarkeit und Kosten der Rohstoffe, die für Batterien und E-Motoren nötig sind“, erklärt Professor Alexander Sauer, Leiter des Fraunhofer IPA sowie des Projekts. „Umso wichtiger ist es, ausgediente Batterien, die noch wertvolle Rohstoffe enthalten, nicht einfach zu schreddern, wie es bisher üblich ist.“ Die Grundvoraussetzung, um Batteriekomponenten wiederverwenden zu können, ist jedoch, dass die Bestandteile einer Batterie sortenrein demontiert werden können.

 

Stärkung der deutschen Automobilindustrie

 

Genau daran arbeiteten seit Ende 2019 zwölf Forschungspartner im baden-württembergischen Projekt DeMoBat (Industrielle Demontage von Batterien und E-Motoren). Sie entwickelten neue Konzepte und Technologien, um die elektrischen Komponenten so handhaben und aufbereiten zu können, dass möglichst wenig Abfall entsteht und wenig verwendete Rohstoffe verloren gehen. Gerade für Baden-Württemberg, das sehr stark von der Automobilindustrie geprägt ist, ist ein solches Forschungsvorhaben entscheidend, weshalb die Förderung auch vom dortigen Umweltministerium übernommen wurde. Am 25. April präsentierten die Projektpartner ihre Ergebnisse beim Abschlusstreffen am Fraunhofer IPA.

 

Modellierung und Analyse der Demontage in der zirkulären Wertschöpfung

 

Um die übergeordneten Projektziele zu erreichen, nämlich mehr Nachhaltigkeit im Umfeld der Elektromobilität, die Sicherung wirtschaftsstrategischer Rohstoffe und die Stärkung des Wirtschaftsstandorts Baden-Württemberg und Deutschlands, bedurfte es eines ganzheitlichen Ansatzes.

Im Projekt wurden deshalb zunächst die rechtlichen Rahmenbedingungen untersucht. Hinzu kam eine Analyse der Marktpotenziale und Rücklaufmengen von Autobatterien. Daraus leiteten die Projektpartner mögliche Geschäftsmodelle ab und bewerteten diese. Ein neu entwickeltes Life-Cycle-Datenmanagement ergänzte die Arbeiten, ebenso wie eine Kostenanalyse von Demontage- und Recyclingnetzwerken bis ins Jahr 2050.

 

Demontagegerechtes Batteriedesign

 

Ein wichtiger Aspekt für die industrielle Demontage ist ein entsprechendes Design der Batterien, das heißt, wie eine Batterie gestaltet sein soll, um manuell oder roboterbasiert reparier- bzw. demontierbar zu sein. Eine Schwierigkeit dabei sind die zahlreichen unterschiedlichen Batteriemodelle der verschiedenen Automarken und -modelle, deren Bauweise aktuell noch ungünstig für ein Recycling oder alternative Kreislaufwirtschaftsstrategien ist. Ein Ergebnis im Projekt ist eine Handlungsempfehlung für ein recycelfreudiges Design. Die demontagegerechte Batterie wurde zudem prototypisch aufgebaut und umfangreich untersucht.

 

Kapazität und Handhabung von Batterien

 

Zu Beginn müssen die Batterien auf noch vorhandene Kapazität und Alterserscheinungen getestet werden. Auch Temperaturanalysen können hier einfließen. Dann folgen Tests der Handhabung, das heißt, wie sich die Batterien öffnen lassen und Komponenten entnommen werden können. Dafür entstand in DeMoBat ein roboterbasierter Demonstrator. Zudem wurden benötigte Werkzeuge entwickelt, die beispielsweise Objekte greifen und Schrauben bzw. Verbindungen lösen können. Dies erfordert auch eine leistungsstarke Bildverarbeitung, die eine Vielzahl an Schrauben, Kabeln etc. erkennen können muss. Hinzu kommt, dass die Komponenten beispielsweise durch Alterungseffekte nicht immer gut erkennbar sind.

Im Projekt wurden 25 Technologien konzeptioniert und getestet, von denen acht vollumfänglich als Demonstrations- und Erprobungsroboterwerkzeuge aufgebaut wurden und für den industriellen Dauerbetrieb einsetzbar wären. Zudem wurde ein flexibles Demontagesystem entwickelt, das eine zerstörungsfreie Demontage bis auf Zellebene abbilden kann. Ein wichtiger Bestandteil des flexiblen Demontagesystems ist das Sicherheitskonzept, bei dem die Temperatur als möglicher Indikator einer Kettenreaktion genutzt wird, sollte eine Batterie in Brand geraten.

 

Wiederverwendung chemischer Rohstoffe durch Hochdruckwasserstrahl

 

Die Partner strebten zudem an, einen effizienten Wertschöpfungskreislauf zu etablieren, der zunächst durch mechanische Trennung und Rückführung der im Batteriepack enthaltenen Bestandteile erfolgen soll. Das eingesetzte wasserbasierte Recycling ist eine neuartige Form der direkten Wiedergewinnung von Schwarzmasse. Neben einer teilautomatisierten Öffnung und Separierung der Zellbestandteile wird ein Hochdruckwasserstrahl eingesetzt, um die Elektrodenbeschichtung von den Trägerfolien abzulösen. Die durchgeführte ökobilanzielle Untersuchung (engl. Life Cycle Assessment, LCA) verdeutlicht den Effizienzgewinn: Das Treibhauspotenzial verringerte sich um den Faktor 10 bis 20. So können Rezyklate mit geringem CO2-Fußabdruck bereitgestellt werden, was bei hoher Beimengung die produktionsbezogenen Treibhausgasemissionen bedeutend reduziert.

 

Automatisierte Demontage von elektrischen Antriebsaggregaten

 

Außerdem wurden Technologien für Industrieroboter mit spezialisierten, selbstkonstruierten Werkzeugen entwickelt, mithilfe derer elektrische Antriebsaggregate automatisiert demontiert werden können. Auch hier kommen unterstützende Bildverarbeitungssysteme zum Einsatz, die Schrauben und Bauteile erkennen und das manuelle Teachen der Roboter für jeden einzelnen Prozessschritt ersparen. Um Kollisionen des Roboters mit Bauteilen zu verhindern, erfolgt nach jedem Demontageschritt eine Erfolgskontrolle über Sensoren und 3D-Kamerasysteme. Eine anschließende Signalübertragung an die zentrale Prozesssteuerung gewährleistet einen sicheren Prozessablauf.

 

Wissens- und Technologietransfer im neuen Erprobungszentrum

 

Die in DeMoBat entwickelten Technologien bilden die Grundlage für den Aufbau eines Erprobungszentrums, in dem neue Formen der Batterieproduktion entwickelt und getestet werden können, aber auch das Recycling von E-Komponenten weiterentwickelt wird. „Damit trägt das Projekt dem essenziellen Technologietransfer Rechnung, mithilfe dessen Baden-Württemberg wie auch Deutschland beim Thema E-Komponenten-Recycling in eine Spitzenposition gebracht werden sollen“, betont Professor Kai Peter Birke, der am Fraunhofer IPA das Zentrum für Digitalisierte Batteriezellenproduktion leitet.

 

Ausblick

 

Auch nach dem erfolgreichen Abschluss von DeMoBat laufen am Fraunhofer IPA Projekte zu den Themen Nachhaltigkeit und Automatisierung von Recyclingprozessen. Im Projekt „Desire4Electronics“ werden Lösungen der automatisierten Demontage von Elektrokleingeräten für deren Wiederaufarbeitung gesucht. Ziel des Projektes „ProDiREC“ ist, eine nachhaltigere Nutzung der seltenen Rohstoffe in der Lithium-Ionen-Batterien-Produktion zu ermöglichen. „ReNaRe“ forscht an der roboterbasierten Demontage von zukünftigen Elektrolyseuren.

 

Quelle: Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA

 

 

Beitragsbild: Zum Öffnen von Klebeverbindungen zwischen Ober- und Unterschale einer Batterie ist das Werkzeug namens „Knacker“ entwickelt worden; Foto: Fraunhofer IPA/Rainer Bez.