Nur jeder Dritte unterhält sich gern über Politik
Die aktuelle Ausgabe der Publikationsreihe „MZES Fokus“ des Mannheimer Zentrums für Europäische Sozialforschung (MZES) widmet sich den Einstellungen zu politischen Gesprächen – sowohl im Allgemeinen als auch bei Meinungsverschiedenheiten.
Ein Grundpfeiler liberaler Demokratien ist die politische Auseinandersetzung über die Gestaltung der Gesellschaft. Politische Teilhabe, Streitbarkeit und das Erlernen demokratischer Normen sind zentrale Kompetenzen, die durch politische Diskussionen gefördert werden können. Allerdings: Diskussionen über Politik führen häufig auch zu Frustration oder können soziale Beziehungen langfristig belasten. „Unsere Ergebnisse lassen darauf schließen, dass Bürgerinnen und Bürger sich der möglichen sozialen Folgen von politischen Diskussionen bewusst sind, denn nur 30 Prozent aller Befragten sprechen allgemein gern über Politik“, erklärt der Politikwissenschaftler Manuel Neumann, der an der Untersuchung am Lehrstuhl von Prof. Dr. Rüdiger Schmitt-Beck mitgearbeitet hat. „Lediglich zehn Prozent aller Befragten haben sehr positive Einstellungen zu politischen Diskussionen, wenn dabei Meinungsverschiedenheiten zu erwarten sind oder man mit Bekannten diskutiert“. Die Ergebnisse basieren auf Befragungen von 1.600 Wahlberechtigten aus der Stadt Mannheim im Vorfeld der Bundestagswahl 2017.
Die Persönlichkeit hat einen größeren Einfluss als politische Neigungen
Das Forschungsteam verfolgte zwei Ansätze, um Unterschiede in der Einstellung zu politischen Diskussionen zu analysieren. Erstens wurde nach drei politischen Faktoren gefragt: politisches Interesse, Parteizugehörigkeit und ideologische Positionierung. Die Ergebnisse zeigen, dass vor allem Bürgerinnen und Bügrer mit hohem Interesse an Politik gern politische Diskussionen führen. Die Zugehörigkeit zu einer politischen Partei und eine starke ideologische Positionierung haben dagegen keinen Einfluss. Als wesentlich bedeutsamer erwiesen sich Persönlichkeitsmerkmale. Dabei spielen vier Faktoren eine Rolle: Bürgerinnen und Bürger mit einem geringen Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit, hohem sozialen Vertrauen, hoher selbsteingeschätzter Kommunikationsfähigkeit und einer positiven Einstellung zu Konflikten haben generell mehr Freude an politischen Diskussionen. Daraus schließen die Forschenden, dass die soziale Dimension bei der Erklärung von Einstellungen zu politischen Gesprächen eine wichtigere Rolle spielt als die politische Dimension.
Politische Gespräche sind in erster Linie soziale Situationen
Die Untersuchungsergebnisse legen nahe, dass die Förderung des politischen Bewusstseins nur begrenzt dazu führt, dass Bürgerinnen und Bürger häufiger über politische Themen sprechen. „Politische Gespräche sind in erster Linie soziale Situationen, in denen es um die Pflege zwischenmenschlicher Kontakte geht“, so Manuel Neumann. „Bei der Frage, ob wir gerne politische Gespräche führen oder nicht, spielt daher der Umgang miteinander eine größere Rolle als unsere politischen Neigungen“.
Quelle: Universität Mannheim
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