Keine himmlischen Sphären

Hässlich sind sie, die Nachrichten, die uns aus der Sphäre der deutschen Versandbranche erreichen: Der Fund einer Paketbombe in Potsdam scheint das Werk von Erpressern zu sein, die von DHL einen Millionenbetrag fordern. Die Täter nehmen schwerste Verletzungen der unbeteiligten Adressaten billigend in Kauf. Die Post rät zur Vorsicht: „Wir appellieren an unsere Kunden, nur Bestellungen zu öffnen, wenn ihnen der Absender bekannt ist oder wenn sie die Bestellungen selbst ausgelöst haben und im Zweifelsfall im Internet nachverfolgt haben. Bei unbekannten Absendern sollten sie Vorsicht walten lassen.“

Neue Rekorde

Die Versandbranche rechnet in diesem Dezember mit neuen Rekorden. Bis Heiligabend könnte ein Aufkommen von bis zu 15 Millionen Paketsendungen pro Tag möglich sein. Im Jahresdurchschnitt werden in Deutschland acht Millionen Pakete pro Tag verschickt. Die boomende Branche stellt die Dienstleister vor größere Probleme: Paketboten sind auf dem Arbeitsmarkt praktisch nicht mehr zu finden. Mit der Zunahmen der Sendungsmengen um 6 bis 12 Prozent pro Jahr könnten die Zahlen neu Eingestellter nicht mithalten – derzeit fehlten bis zu 6000 Zusteller. Die Paketboten müssten immer größere Bezirke bearbeiten, der Krankenstand wachse. Die Beschäftigungsverhältnisse seien teilweise wenig transparent, teilweise sogar illegal.

Neue Beschwerden

Zugleich häufen sich die Beschwerden der Kunden über verzögerte und beschädigte Lieferungen sowie falsche und leichtfertig im Hausflur deponierte Zustellungen. Die für die Beschwerden zuständige Bundesnetzagentur stellte klar, dass sie nur Stellungnahmen der Unternehmen anfordern und eine Vermittlung anbieten könne, Bußgelder könne sie hingegen nicht verhängen.

Und auch die Betreiber von Paketshops ächzen: In der Weihnachtszeit müssten sie zum Teil das Doppelte an Paketen abfertigen. Zusätzliche Mitarbeiter könnten bei rund 40 Cent pro Paket nicht eingestellt werden. Die Kunden seien häufig frustriert, da sie etwa nicht verstünden, dass die gelben Agenturen nicht mehr „die Post“ seien und deshalb auch keine Beschwerden über die Paket- und Briefzustellung annehmen könnten. Der zusätzliche Betrieb eines Paketshops sorge häufig nicht für zusätzliche Kundschaft, sondern für eine Störung des regulären Geschäftsbetriebs.

Ursachen

Einfach sind die Probleme nicht zu lösen. Der Boom des Internethandels ist eine Folge vielfältiger Digitalisierungsprozesse und der daraus folgenden Verschiebungen im Anbietergefüge und Verbraucherverhalten. Verzögerungen und Versandkosten werden selten akzeptiert: Heute bestellt, morgen geliefert und gegebenenfalls zurückgegeben. Viele Kunden wissen, dass ihr Kaufverhalten nicht immer nachhaltig ist: weder für die Unternehmensstruktur vor Ort, noch für Umwelt und Stadtverkehr, noch für die Beschäftigungsverhältnisse. Aber auch die besten Vorsätze, mehr regional oder lokal zu konsumieren, scheitern häufig an der Bequemlichkeit und am Kostenargument der Online-Lösungen. Was also tun?

Lösungen

Durchaus kreativ sind nun die Antworten auf diese Herausforderungen: Hermes führte eine Obergrenze für Online-Händler ein. Im Einzelhandel wird eine Beratungsgebühr diskutiert. In den letzten Wochen mehren sich die Wortmeldungen, die eine Abkehr von dem Prinzip der Lieferung an die Haustür fordern. Inwieweit Lieferroboter- und drohnen in naher Zukunft Paketboten ersetzen, ist noch wohl eher fraglich. Vielleicht ist die Zustellung in den Kofferraum des eigenen Autos da schon vielversprechender.