Mit Recht gegründet (Teil I)

Foto: Felix Klemt

Vor der Gründung eines Start-ups sind einige rechtliche Hürden zu überwinden. Zeitenvogel sprach mit Dr. Felix Klemt (Kanzlei Rittershaus) im ersten Teil des Interviews über die Herausforderungen bei der Gründung, gesellschaftsrechtliche Regelungen, Investorenbeteiligungen und steuerliche Fragen.

ZV: Herr Klemt, was sind die Herausforderungen, vor denen Start-ups bei ihrer Gründung stehen?

FK: Start-ups brauchen vor allem ein gutes Team. Es müssen sich Gründer zusammenfinden, die sich verstehen und die zentralen Aufgaben des Start-ups abdecken. Auch sollte sich das Team frühzeitig überlegen, ob alle dasselbe Ziel haben. Unterschiedliche Lebenskonzepte bedeuten meist unterschiedliche Interessenlagen und die sollte man miteinander in Einklang bringen. Das ist für die Ausrichtung und die Zukunft des Start-ups ganz wichtig. Eng damit verknüpft ist eine gute, realistische Planung, vor allem der Finanzen des Start-ups.

Die wichtigen Punkte der Gründung muss man dann (vertraglich) festlegen. Zunächst gilt es festzulegen, wer welche Beiträge in das Start-up einbringt – dies betrifft in erster Linie die Arbeits- und Geldbeiträge, aber natürlich auch die Geschäftsidee und Rechte daran, wie z.B. Patente, Marken oder Software. Die Gründer müssen sich fragen: Welche Ressourcen benötigen wir im Unternehmen? Wie werden diese bereitgestellt? Welche Grundausstattung brauchen wir und über welchen finanziellen Rahmen können wir verfügen? Aber es stellt sich natürlich auch die Frage: Haben die Gründer finanzielle Rücklagen oder sind sie ab einem gewissen Zeitpunkt darauf angewiesen, bereits eine Vergütung für ihre Tätigkeit zu bekommen?

Wenn diese ganzen Punkte zusammengetragen sind, müssen die Gründer kalkulieren, wie weit sie mit den vorhandenen, gemeinsamen Ressourcen kommen können – idealerweise schon bis zum Break Even, was aber eher unwahrscheinlich ist, oder bis zur ersten Finanzierungsrunde. Die Gründer müssen dann entscheiden, ob die Gründung des Start-ups für sie Sinn macht – wobei natürlich immer erhebliche Unsicherheiten über die zukünftige Entwicklung verbleiben.

Und schließlich müssen die Gründer die Frage klären, wem welcher Anteil an dem zu gründenden Unternehmen als Gegenleistung für seine Gründungsbeiträge zukommt. An dieser Stelle kann es zu Meinungsverschiedenheiten unter den Gründern kommen, denn es gibt kein Patentrezept für die Bewertung der einzubringenden Arbeitsbeiträge und Ideen. Und selbst bei finanziellen Beiträgen kann man bestimmte Steuereffekte berücksichtigen, sodass ein Euro nicht gleich ein Euro sein muss. Im Ergebnis sollten die Beiträge der Gründer so gewichtet werden, dass alle mit ihren Anteilen an dem Start-up zufrieden sind. Das ist durchaus eine Herausforderung – zeigt aber auch, ob das Team funktioniert.

ZV: In diesem Zusammenhang spielen auch die gesellschaftsrechtlichen Regelungen eine größere Rolle. Hier kann man verschiedene Modelle unterscheiden: Welche Modelle empfehlen sich für ein Start-up?

FK: Das Start-up wird automatisch zu einer GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts), wenn die Gründer eine gewisse Intensität bei ihren Gründungsaktivitäten verfolgen. Das ist vom Recht so vorgesehen. In den allermeisten Fällen ist dies aber nicht die Form, die die Gründer wünschen. Mit einer GbR ist die persönliche Haftung verbunden und ebenso sind die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Gründer nicht so festgelegt, wie man sie meistens haben möchte. Die Gründer sollten sich deshalb zu einem relativ frühen Zeitpunkt die Frage stellen, welche rechtliche Form sie wählen. In den meisten Fällen werden sie eine UG (Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)) oder eine GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) gründen.

ZV: Was sind die Unterschiede zwischen einer UG und einer GmbH?

FK: Rechtlich gesehen sind diese Gesellschaftsformen fast identisch. Der einzige – für die Gründer aber sehr entscheidende – Unterschied ist die Höhe des notwendigen Stammkapitals. Für die Gründung einer GmbH benötigt man mindestens 25.000 Euro, wobei jedoch zunächst nur die Hälfte eingezahlt muss. Man kann also bereits mit 12.500 Euro starten und den restlichen Beitrag später einzahlen. Wichtig ist aber: Die Gründer haften für die Erbringung der restlichen Beiträge. Für die UG gilt kein Mindeststammkapital, weshalb die UG bereits mit einem Stammkapital von einem Euro gründen kann. Deshalb wird die UG auch als „Mini-GmbH“ bezeichnet. Das Stammkapital der UG muss allerdings immer bei Gründung voll eingezahlt sein.

ZV: Sie hatten vorhin bereits die Frage der Anteile angesprochen. Die Anteile legen wiederum die Verteilung des Einflusses im Unternehmen fest. Unterscheiden sich die diesbezüglichen Gestaltungsmöglichkeiten einer GmbH bzw. einer UG grundlegend?

FK: Hier bestehen strukturell keine Unterschiede. Beide Gesellschaftsformen bauen auf denselben rechtlichen Strukturen auf. Die Fragen der Stimmberechtigung, der Gewinnberechtigung der Anteile oder des Einräumens von Sonderrechten für bestimmte Gründer zum Beispiel in Bezug auf die Geschäftsführung – all das kann man in der UG und der GmbH in gleicher Weise regeln. Die Kernfrage für die Auswahl ist daher in der Regel: Mit wieviel Kapital will ich starten?

ZV: Wenn es gut läuft, stehen Start-ups häufig auch vor der Frage, wie man am besten Investoren beteiligen kann. Was ist hier aus Ihrer Sicht zu beachten?

FK: Aus rechtlicher Sicht ist zu beachten, dass die Gründer bzw. das Start-up dem Investor eine geeignete Plattform für sein Investment bieten. Der Investor wird in aller Regel die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, möglichst einer GmbH, bevorzugen. Er erhält dadurch eine direkte Beteiligung am Unternehmen, die aber eine Haftungsbegrenzung beinhaltet – anders als bei einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts. Der Investor will über den Geldbetrag hinaus, den er in das Unternehmen einbringt, nicht haften. Bei einer GmbH können ebenso die Rechtsbeziehungen zwischen den Gründern und dem Investor flexibel ausgestaltet werden.

Weiterhin sollten die Gründer von Anfang an darauf achten, dass die von ihnen gegründete GmbH über alle Rechte an der Geschäftsidee verfügt und diese nicht noch bei einem Gründer oder sogar einem Dritten liegen. Denn der Investor investiert in eine Geschäftsidee, und diese muss mit allen Rechten das Start-up innehaben, an dem der Investor sich mit seinem Geldbetrag beteiligt.

Wichtig bei der Investorenbeteiligung ist natürlich auch, dass die Chemie zwischen dem Investor und dem Gründerteam stimmt. Der Investor wird durch die Beteiligung ein Gesellschafter des Start-ups und bestimmt die Geschäftspolitik ab sofort mit. Für den geschäftlichen Erfolg ist es – wie schon bei der Gründung – ebenfalls entscheidend, dass die Interessenlagen von Investor und Gründern zusammenpassen. Dies gilt auch für die Überlegungen des Investors im Hinblick auf seinen späteren Ausstieg aus dem Start-up.

ZV: Was ist bei einer GmbH aus steuerlicher Sicht zu beachten?

FK: Erstens ist wichtig, dass die GmbH seit der Unternehmenssteuerreform 2008 im Ergebnis der Besteuerung von Personengesellschaften angenähert wurde. Es spricht also steuerlich nichts Grundsätzliches gegen die Gründung einer GmbH, im Erfolgsfall ist die Besteuerung ähnlich. Ansonsten unterscheiden sich Personengesellschaften (z.B. GmbH & Co. KG) und Kapitalgesellschaften (z.B. GmbH) in der Art der Besteuerung aber grundlegend.

Bei der Personengesellschaft werden die Gewinne und Verluste den Gesellschaftern (und nicht der Gesellschaft) zugerechnet und nach dem Einkommensteuergesetz behandelt. Zusätzlich unterliegt die (gewerblich tätige) Personengesellschaft der Gewerbesteuer, wobei diese wiederum bei der Einkommensteuer der Gesellschafter berücksichtigt wird. Die Kapitalgesellschaft unterliegt dagegen als Gesellschaft der Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer. Wenn die Kapitalgesellschaft Gewinne ausschüttet, unterliegen diese bei den Gesellschaftern der Einkommensteuer. Auch wenn die Besteuerung beider Gesellschaftsformen im Ergebnis angenähert ist, empfiehlt sich immer eine Beratung im Einzelfall. Zum Beispiel kann die Besteuerung durch die unterschiedlichen Hebesätze der Gemeinden bei der Gewerbesteuer beeinflusst sein und bei der Geltendmachung der steuerlichen Verluste bestehen große Unterschiede.

Bereits bei der Gründung sollte man in steuerlicher Hinsicht auch unter einem anderen Gesichtspunkt aufpassen. Wenn die Gründer bereits werthaltige Wirtschaftsgüter, wie z.B. Patente, in die Gesellschaft einbringen, kann es zur Aufdeckung von sogenannten stillen Reserven beim Gründer kommen, die dieser dann versteuern muss – obwohl er hierfür gar keine liquiden Mittel (sondern Unternehmensanteile) erhalten hat. Um diese Folge zu vermeiden, sollte man sich frühzeitig steuerrechtlichen Rat einholen.

Wenn die Gründung erfolgreich verläuft, stellt sich zudem oft die Frage einer Beteiligung von wichtigen Mitarbeitern am Unternehmen, um diese durch einen möglichen Anteil am späteren Gewinn zu motivieren. Die verschiedenen Beteiligungsprogramme unterscheiden sich in ihrer steuerlichen Wirkung. Insbesondere sollte man auch hier wieder vermeiden, dass Mitarbeiter bereits etwas versteuern müssen, ohne dass ihnen entsprechende liquide Mittel zugeflossen sind. Es empfiehlt sich auch deshalb sehr, die Gründung eines Start-ups und die weitere Entwicklung durch einen steuerlich versierten Berater begleiten zu lassen. Und schließlich muss jedes Start-up natürlich eine ordentliche Buchführung haben und eine Steuererklärung machen.

Lesen Sie auch Teil II des Interviews.

Beitragsbild: Rittershaus