China II. Politische Weichenstellungen
In unserem letzten Beitrag hatten wir einen Blick auf die wirtschaftlichen Potenziale und aktuellen Herausforderungen in China geworfen. Heute gilt es die Folgen der politischen Weichenstellungen abzuschätzen, die der 19. Kongress der Kommunistischen Partei traf. Die KP Chinas gilt mit 89 Millionen Mitgliedern (bei 1,3 Milliarden Chinesen) als größte Partei der Welt. Umso wichtiger sind die Entscheidungen, die hier getroffen werden: für China, Asien und die Welt. Deutlich wurde bereits, dass Präsident Xi Jinping die Zügel von Partei und Staat in den kommenden Jahren straff führen wird.
Planung für Jahrzehnte
Die bislang getroffenen Weichenstellungen beanspruchen jahrzehntelange Wirkung. Xi Jinping legte einen Entwicklungsplan für China bis zum Jahr 2049 vor. Sein Ausblick umfasste das technische Innovationspotenzial, Rechtssicherheit, Umweltschutz, Bildung, Gesundheit und allgemeinen Wohlstand. Allerdings fordern die Leitideen Xi’s auch eine Steigerung der militärischen Stärke Chinas und eine größere Rolle des Landes in der Welt.
Korruptionsbekämpfung
Ein wichtiges Element stellt weiterhin die Korruptionsbekämpfung dar. Hier hatte Xi in der Vergangenheit energisch gehandelt und sich so auch von dem in der KP zuvor praktizierten „kollektiven Führungsstil“ distanziert. Nun scheint es so, als wolle Xi den Kampf gegen die Korruption systematisieren und institutionalisieren. Fortan soll die Korruptionsbekämpfung in der Parteiverfassung verankert sein.
Xi als neuer Mao
Sekundiert werden diese Pläne durch politische Festlegungen, die die Macht des Präsidenten stärken. Diese Festlegungen hatten sich bereits in einer terminologischen Nuance angekündigt: Der Parteikongress nahm Xi‘s „Gedankengut für die neue Ära des Sozialismus chinesischer Prägung“ als zusätzliche Leitlinie in die Parteiverfassung auf – Xi steht somit staatstheoretisch auf einer historischen Stufe mit Mao Zedong.
Festigung politischer Macht
Nun hat das neue Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Xi nicht nur für weitere fünf Jahre im Amt des Generalsekretärs bestätigt. Xi konnte auch seine Stellung im Ständigen Ausschuss des Politbüros festigen. Dies deutet darauf hin, dass Xi mehr als fünf Jahre die prägende Kraft in China bleiben wird. Partei, Regierung und Rechtssystem könnte er entsprechend seinen Vorstellungen umgestalten.
Partei und Gesellschaft
Beobachter befürchten, dass wirtschaftliche Reformen, wie die Verschlankung und Privatisierung staatlich dominierter Industrien und ein verbesserter Marktzugang für ausländische Unternehmen, ausbleiben. Darüber hinaus soll die Kompetenz zur Lösung aktueller Probleme nicht in einer starken Zivilgesellschaft, sondern einer gestärkten Partei verankert werden. Dahinter steht die Meinung führender Partei-Theoretiker, dass eine zentralisierte politische Führung die künftigen Herausforderungen effizienter als eine demokratisch verfasste Gesellschaft bewältigen kann.
Mit der Macht der Partei nahm in den vergangenen Jahren auch die technisch ausgefeilte Überwachung von Gesellschaft und Industrie zu. Aus europäischer Sicht stellt sich so allerdings grundsätzlich die Frage, wie abweichende Meinungen – unabdingbare Voraussetzungen jeglicher Innovationskraft – kanalisiert und wichtige Steuerungsfunktionen erfüllt werden können.