Das Smartphone in der Statistik

Der Mannheimer Datenwissenschaftler Prof. Dr. Florian Keusch und Forschende aus sechs weiteren europäischen Ländern bekommen den Zuschlag für ein neues Projekt der EU-Kommission und des Statistischen Amts der Europäischen Union (EUROSTAT). Ziel des Projekts ist es, für amtliche Statistiken in Europa intelligente, Smartphone-basierte Umfragemethoden zu entwickeln und zu testen.

Alle zehn Jahre fragt EUROSTAT in einer europaweiten Erhebung, wie viel Zeit die Menschen für verschiedene Tätigkeiten aufwenden – etwa für bezahlte Arbeit, Hausarbeit, Versorgung der Familie, soziales Leben, Reisen und Freizeit. Alle fünf Jahre wird in einem weiteren statistischen Survey abgefragt, wie die Menschen mit ihrem Einkommen umgehen und wofür sie Geld ausgeben. Diejenigen, die an solchen EUROSTAT-Initiativen bislang teilnahmen, mussten ihre Antworten mit Stift auf Papier oder in einfachen Computertagebüchern festhalten. Nun sollen intelligente Anwendungen (Smart Surveys) entwickelt und in der Praxis getestet werden. Sieben europäische Länder sind bei dem Verbundprojekt Smart Survey Implementation beteiligt. Als einzige deutsche Einrichtung ist neben dem Deutschen Statistikamt (Destatis) auch die Universität Mannheim dabei.

Die Finanzierung des Mannheimer Teilprojekts beläuft sich auf mehr als 200.00 Euro für die kommenden zwei Jahre. Projektstart ist am 1. Mai 2023. Neben Deutschland sind an dem Projekt auch die Niederlande, Norwegen, Belgien, Frankreich, Italien und Slowenien beteiligt.

„Wir wollen die bisherigen Methoden der Befragungen ins 21. Jahrhundert führen und die täglichen Eintragungen mittels einer Smartphone-App ermöglichen“, erklärt der Studienleiter des Mannheimer Teilprojekts Prof. Dr. Florian Keusch, Inhaber des Lehrstuhls für Datenwissenschaft und Methodologie an der Universität Mannheim.

Die Vorteile von am Smartphone durchgeführten Umfragen liegen auf der Hand: Die Dateneingabe ist genauer, weil man die Eintragungen zeitnah machen kann, statt sich diese abends auf dem Sofa ins Gedächtnis zu rufen. Zudem haben Smartphones Sensoren und Tools, die die Dateneingabe erleichtern: Die Geoposition des Nutzers wird automatisch festgestellt, Rechnungen können einfach abfotografiert werden.

Das große Problem ist aber die Akzeptanz einer solchen App. Hier setzt das Mannheimer Teilprojekt an: „Wir wollen großflächig testen, ob die unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen in Deutschland bereit sind, eine App des statistischen Bundesamts herunterzuladen und für amtliche Statistiken zu nutzen“, so Keusch. In einem ersten Schritt des Projekts werden daher die potenziellen Hindernisse erfragt. Mit diesen Erkenntnissen ist es im zweiten Schritt geplant, Strategien zu testen, wie man die Nutzerinnen und Nutzer von den Vorteilen der digitalen Abläufe am besten überzeugen kann.

Die übrigen sechs beteiligten Länder haben teilweise eine andere Ausgangssituation. Digitale Vorreiter wie Norwegen sind beispielsweise in puncto App-Nutzung bereits viel weiter. Das amtliche System ist dort längst digitalisiert. Und in den Niederlanden dürfen Interviewerinnen und Interviewer den Befragten helfen, eine solche App herunterzuladen. Diese Art von Hilfestellung ist in Deutschland nicht möglich. Die Studie soll daher an die nationalen Voraussetzungen angepasst werden. „Letztendlich erwartet EUROSTAT von uns einheitliche Ergebnisse, die dazu führen, dass die Smart Surveys-Methoden in ein paar Jahren überall Standard sind “, fasst der Mannheimer Studienleiter zusammen.

 

Quelle: Universität Mannheim

 

 

Beitragsbild: pixabay.com