Den Standort stärken

Foto: Moritz Schindler

Heidelberg ist nicht nur eine Stadt der Wissenschaft, sondern auch ein bedeutender Wirtschaftsstandort. Das Neuenheimer Feld kann als größter Arbeitgeber der Stadt stellvertretend für diese Verbindung stehen. Zeitenvogel sprach mit Moritz Schindler (Technologiepark Heidelberg GmbH) über städtebauliche Herausforderungen, die Gestaltung neuer Stadtteile und modernes Bauen für Wissenschaft und Wirtschaft.

ZV: Herr Schindler, was zeichnet Heidelberg als innovativen Standort aus?

MS: Heidelberg liegt inmitten in der Metropolregion Rhein-Neckar, in der viele bedeutende Global-Player ansässig sind. Die Stadt selbst ist ein hochdynamischer Wissenschaftsstandort mit einer enormen Dichte an spezialisierter Spitzenforschung in den Life Sciences, der Medizintechnik und der Biotech. Zu nennen sind hier die Cluster für Gedruckte Organische Elektronik Innovation Lab (Forum Organic Electronics) und für Gesundes Leben und Aktives Altern (EIT Health) sowie das Spitzencluster BioRN (Biotech-Cluster Rhine-Neckar). Das Neuenheimer Feld, in dem sich auch der Technologiepark Heidelberg befindet, ist der größte Arbeitgeber der Stadt. Heidelberg ist nicht nur als Wohnort außerordentlich beliebt, sondern auch als Ziel von circa 12 Millionen Touristen, die die Stadt pro Jahr besuchen. Städtebaulich bewegt sich in den letzten Jahren sehr viel in Heidelberg, ständig werden neue Bauprojekte vorangetrieben.

ZV: Was sind die besonderen städtebaulichen Herausforderungen in Heidelberg?

MS: Heidelberg ist eine wachsende Stadt mit einer expandierenden Universität. Zugleich ist Heidelberg Pendlerstadt Nummer eins – 70 Prozent der Arbeitnehmer pendeln. Das Verkehrsaufkommen ist gerade im Umfeld des Neuenheimer Feldes schon enorm. Es kommt jetzt nicht nur darauf an, Pendler auf eine andere Art und Weise als alleine mit dem PKW in die Stadt zu bringen. Auch grundsätzliche Fragen stellen sich.

Das Neuenheimer Feld mit dem DKFZ (Foto: imageagency.com)

Das Verkehrsaufkommen spricht nämlich auf der einen Seite sicherlich für den wirtschaftlichen Erfolg der Stadt. Auf der anderen Seite zeigen die Zahlen aber auch, dass Wohnraum hier knapp und teuer ist. Städtebaulich stieß man an Grenzen: Das Stadtgebiet liegt ja zum einen in einem engen Talkessel, zum anderen ist es durch den Neckar und landwirtschaftliche Nutzung in der Ebene stark eingegrenzt. Wegen der Altstadt soll in Heidelberg nicht zu hoch gebaut werden – man will schließlich keine Skyline wie in Frankfurt. Zugleich sollen aber auch bestimmte Grenzen zum Umland nicht überschreiten werden: Die Grünflächen des Umlands, das ja auch als Naherholungsraum dient, sollen erhalten bleiben.  Verdichtung und Erhalt von Grünflächen sind nicht nur im Neuenheimer Feld und nicht nur in Heidelberg hoch kontrovers diskutierte Positionen der Stadtplanung.

Die Möglichkeiten, die die Konversionsflächen hier in Heidelberg bieten, kommen gerade zum richtigen Zeitpunkt. In Heidelberg befand sich das Hauptquartier der US-Streitkräfte in Europa. Der Abzug der Amerikaner aus ihren insgesamt fünf Standorten war für Heidelberg städtebaulich gesehen ein Glücksfall. Die jetzt verfügbaren Flächen von insgesamt ca. 180 Hektar liegen zum Teil mitten in der Stadt. Das ist eine Jahrhundertchance für Heidelberg.

ZV: Welche Planungen liegen in Bezug auf die Konversionsflächen vor?

MS: Wohnraum ist bei den Planungen immer das Thema Nummer eins. Aber auch Wirtschaftsflächen sind in Heidelberg dringend notwendig. Beide Nutzungen sollen in Heidelberg mit modernen, urbanen Quartierkonzepten verwirklicht werden. In der Südstadt findet Wohnungsbau statt, die ersten Bewohner sind bereits eingezogen. Darüber hinaus werden auch Elemente gewerblicher und kultureller Nutzung integriert. Im Gebiet der Patton Barracks wird ein reines Wirtschaftsgebiet verwirklicht. Seit Dezember 2017 finden hier Abrissarbeiten statt. Das ehemalige Hospital wird hauptsächlich für Wohnzwecke Verwendung finden. Die Patrick-Henry-Village ist die größte verfügbare Fläche und kann sich zu einem neuen Stadtteil entwickeln. Aktuell wird sie teilweise noch als Flüchtlingsankunftszentrum genutzt. Der Vertrag mit dem Bund läuft im April 2018 aus. Es gibt allerdings noch keine tragfähigen Zusagen und man kann noch nicht sicher sagen, was dort passieren wird.

ZV: Was sollte Ihrer Meinung nach moderne Quartiere auszeichnen?

Das im BD COE geplante Café; Foto: RKW Architektur +

MS: Da gibt es natürlich ganz unterschiedliche Konzepte. Grundsätzlich sollten Wohnungsbau und gewerbliche Nutzung strukturell getrennt bleiben. Eine kombinierte Nutzung bereitet bereits rein baurechtlich gesehen gewisse Schwierigkeiten. Nicht jedes Gewerbe funktioniert in Kombination mit Wohnbebauung – das geht nur unter bestimmten Voraussetzungen und mit raffinierter baulicher Struktur. Die Arbeitsplätze in modernen Gewerbegebieten sind nicht mehr durch klassische Bürotätigkeiten geprägt. Deshalb müssen heute flexible Nutzungsarten möglich sein: Manche Arbeitnehmer wollen zum Beispiel im Sommer draußen arbeiten, andere wollen ihr alltägliches Leben mit ihrem Arbeitsplatz kombinieren. Ganz wichtig ist auch eine moderne Verkehrsinfrastruktur: Ladestationen für E-Bikes/E-Mobile und eine gute Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel. Die Stadt Heidelberg wird dies auf den Patton Baracks im Heidelberg Innovation Park umsetzen.

ZV: Was ist das Besondere am Heidelberg Innovation Park im Gegensatz zu herkömmlichen Gewerbegebieten?

MS: Der Heidelberg Innovation Park soll nicht nur die für moderne Gewerbegebiete notwendige Infrastruktur umfassen. Es sollen zugleich Elemente „smarter“ Quartiere integriert werden: Durch Sensoren und IT-gesteuerte Systeme sollen bestimmte Prozesse ökonomisch und ökologisch optimiert werden. Als mögliches Beispiel wäre hier eine intelligente Beleuchtung oder eine intelligente Müllabfuhr zu nennen.

Man versucht auch, das Quartier zu beleben, durch Kinderbetreuungseinrichtungen, gastronomische Angebote und Möglichkeiten Sport zu treiben. Es soll nicht wie ein herkömmliches Gewerbegebiet am Abend aussterben, sondern in das bisherige Stadtgebiet integriert werden. Die Bahnstadt als Deutschlands größte Passivhaussiedlung liegt ja in unmittelbarer Nähe: Man muss von seinem Wohnort nur über eine Brücke gehen und befindet sich an seinem Arbeitsplatz. Das nähert sich schon stark dem Ideal, an einem Ort zu leben und zu arbeiten.

Der Heidelberg Innovation Park ist von der Stadt für die Bereiche IT und Digitale Medien ausgewiesen. Das Konzept ist gut gemischt: Etablierte Unternehmen und Start-ups können dort voneinander profitieren. Manche der Gebäude werden nachgenutzt, andere werden – etwa durch Investoren aus China – neu gebaut. Der Technologiepark wird dort ebenfalls einen weiteren Standort eröffnen, das Business Development Center Organische Elektronik (BDC OE).

ZV: Was ist der Technologiepark Heidelberg?

MS: Die Technologiepark Heidelberg GmbH ist eine Tochtergesellschaft der Stadt Heidelberg und der IHK Rhein-Neckar. Räumlich gesehen umfasst der Technologiepark Heidelberg im Moment fünf Standorte: erstens der Standort im Neuenheimer Feld, gleichsam „das Herz“ des Technologieparks, zweitens das Heinsteinwerk Richtung Wieblingen, drittens SkyLabs in der Bahnstadt, viertens die Dependance am Czernyring mit den Bio-Produktionsanlagen und fünftens ein kleines Gründerzentrum in der Hans-Bunte-Straße. In Zukunft wird als sechster Standort das Business Development Center hinzutreten.

Der Standort auf dem Neuenheimer Feld; Foto: imageagency.com

Der Technologiepark Heidelberg ist aber weit mehr als der Bereitsteller von Immobilien, wir vermitteln und entwickeln, wir beraten und unterstützen. Im Zentrum steht das Ziel, den Standort Heidelberg weiterzuentwickeln. Die Ursprungsidee des Technologieparks in den 1980er Jahren war es, vielversprechende Neugründungen aus den Bereichen Medizin, Pharma, Life Sciences und Biotech am Standort, dem Neuenheimer Feld, zu halten.  Diese Neugründungen sollten durch günstige Mietflächen, Kooperationsmöglichkeiten mit der Universität und Hilfen beim Wissenstransfer von der Wissenschaft in die Wirtschaft unterstützt werden.

Diese Idee haben wir weiterentwickelt: Unser Netzwerk von den kleinsten bis zu den großen Unternehmen ist im Prinzip unser Kapital. Mittlerweise sind wir auch national und international in verschiedenen Verbänden vertreten. Wir bezeichnen uns gerne auch als Informationsbroker. Für alle Fragen vermitteln wir gerne die richtigen Ansprechpartner.

ZV: Wie unterstützt der Technologiepark Heidelberg Start-ups?

MS: Wir haben die Heidelberg Startup Partners e.V. gegründet um kostenfreie Beratungsleistungen bereitzustellen. Auf verschiedenen Veranstaltungen können sich interessierte Gründer treffen, um gemeinsam Ideen zu entwickeln und auszuarbeiten. Wir unterstützen Start-ups bei der Erstellung ihres Businessplans und bei der Suche nach geeigneten Mentoren. Unser Angebot umfasst auch juristische Beratungen und Hilfestellungen in Marketing und BWL.

Zentral für Start-ups ist sicherlich auch die Akquise von Investoren und Fördermitteln. Deshalb durchlaufen die Start-ups in verschiedenen Programmen, die beispielsweise von den Heidelberg Startup Partners in Kooperation mit dem Land Baden-Württemberg organisiert werden, unterschiedliche Trainingseinheiten um ihnen die notwendigen Kenntnisse zu vermitteln. Wir begleiten also die Start-ups von Anfang an und versuchen, sie bis zur eigenständigen Existenz am Markt voranzubringen. Idealerweise finden sie dann auch bei uns Mietflächen und siedeln sich hier an.

ZV: Welche Rolle spielen hierbei größere Unternehmen?

MS: Größere Unternehmen haben ein Interesse an kleineren Unternehmen, in die sie ihre Projekte auslagern können. So lagern zum Beispiel manche Pharmafirmen die ersten Stufen ihrer Forschungsprogramme in kleinere Unternehmen aus. Sobald die Programme dann in eine große Finanzierungsphase eintreten, übernehmen die großen Unternehmen die KMUs (Kleine und mittlere Unternehmen) wieder. Kleinere Unternehmen verfügen oft über eine höhere Innovationskraft als Großkonzerne mit komplizierten Strukturen, haben aber nicht die notwendigen Ressourcen, über die wiederum die größeren Unternehmen verfügen. Beide Seiten können so von der Kooperation profitieren.

ZV: Sie hatten bereits das Business Development Center Organische Elektronik erwähnt. Um was handelt es sich bei diesem Gebäude?

MS: Das Business Development Center Organische Elektronik ist ein durch die EU kofinanziertes Neubauvorhaben im Heidelberg Innovation Park. Das Business Development Center wird sich u.a. der Erforschung gedruckter Elektronik widmen. Wie bereits erwähnt gibt es in Heidelberg das Spitzencluster für Gedruckte Organische Elektronik. Das InnovationLab befindet sich 500 Meter von unserer Baustelle entfernt. Hier werden Verfahren erprobt, organische Materialien als leiterfähige Materialen zu verwenden und günstig Drucksensoren in großen Mengen zu produzieren, die wenig Energie und keine seltenen Erden verbrauchen. In diesem Bereich entstehen zahlreiche vielversprechende Ideen für Start-ups, die wir am Standort Heidelberg halten wollen.

Der geplante Neubau des BDC OE; Foto: RKW Architektur +

Die eigens hierfür gegründete Technologieförderung Heidelberg GmbH als hundertprozentige Tochter der Stadt hat deshalb für diese, auch vom Land Baden-Württemberg adressierte Schlüsseltechnologie einen Antrag auf Fördermittel gestellt, die gewährt wurden. Somit konnten wir mit dem Business Development Center Organic Electronics das erste Bauvorhaben im Heidelberg Innovation Park entwickeln, das dort parallel mit der Großsporthalle entsteht. Die Bauarbeiten begannen im September 2017, die ersten Fundamente werden gerade gegossen.  2019 ist mit der Inbetriebnahme zu rechnen. Parallel werden im Heidelberg Innovation Park die ersten Gebäude zur Nachnutzung freigegeben und weitere Neubauten errichtet werden.

ZV: Welche Anforderungen werden heute an solch ein Gebäude gestellt?

MS: Es muss kompliziert und flexibel sein (lacht). Unser planerischer Fokus lag zwar auf der Gruppe der Start-ups, die sich mit Gedruckter Organischer Elektronik beschäftigen. Wir begrüßen aber auch gerne Mieter aus den Hightech-Bereichen wie etwa Life Science, Biotech und IT.

Das Gebäude muss deshalb enorm flexibel sein, nicht nur in technischer, sondern auch in baulicher Hinsicht. So werden wir im Gebäude Biolabore bis zur Schutzstufe S2 einrichten können, aber auch Trockenwerkstätten, in denen geschweißt oder gelötet werden kann sowie ganz normale Büroflächen. Wir müssen also ein großes Paket schnüren, das viele potenziellen Nutzungsmöglichkeiten beinhaltet, das aber auch finanzierbar bleiben muss.

Im Inneren des BDC OE; Foto: RKW Architektur +

Neben dieser technischen Flexibilität muss das Gebäude aber auch baulich flexibel sein: Ein solches Bauwerk ist ja im Prinzip ein Gerippe mit Innenleben. Dieses Innenleben ist variierbar, das heißt wenn jemand drei Büroflächen zusammenlegen möchte, dann muss das natürlich auch möglich sein. Die Abrechnung muss aber ebenso flexibel handhabbar sein um die verschiedenen Nebenkosten richtig umzulegen.

Im Inneren des BDC OE; Foto: RKW Architektur +

Darüber hinaus sollte ein entsprechendes Gebäude über Einrichtungen verfügen: Wir haben ein Conference Center, wir haben eine Cafeteria, eine Tiefgarage mit Ladestation für Elektromobile. Das Gebäude ist so konstruiert, dass sich die Menschen dort häufig treffen können und nicht nur anonym kommen und gehen und zur Arbeit hinter ihren Türen verschwinden. Wir gehen nämlich davon aus, dass unsere Mieter sehr am persönlichen Austausch interessiert sind, den sie brauchen um ihre Ideen weiterzuentwickeln, weil sie vielleicht eine Lösung für ein bestimmtes Problem oder einen bestimmten Kontakt suchen. Informelle Gespräche bringen mitunter mehr als formelle Meetings. Entsprechend werden die Mieter im Gebäude an bestimmten zentralen Räumen wie etwa Treppenhäusern zusammengeführt.

Im Inneren des BDC OE; Foto: RKW Architektur +

Das Gebäude soll natürlich auch etwas schicker aussehen, insbesondere an der exponierten Lage, wo es erbaut wird: Das BDC OE wird an der westlichen Einfahrt zum Heidelberg Innovation Park stehen. Deshalb haben wir uns für eine moderne Architektur mit großen Glasflächen entschieden. Dem Gebäude soll man seine Innovationskraft bereits von außen ansehen.

ZV: An wen kann man sich wenden, wenn man an einer der Räumlichkeiten interessiert ist?

MS: Wir haben eine eigene Homepage mit einer entsprechenden Kontaktseite gestaltet, auf der nicht nur die Informationen zum Gebäude nachgelesen werden können, sondern auch der aktuelle Baufortschritt dokumentiert wird. Gerne können sich alle Interessenten auch an unseren Geschäftsführer, Herrn Dr. Domin, oder mich persönlich wenden. Als Projektleiter des Bauvorhabens kann ich Detailfragen wie etwa zu verfügbaren Quadratmeterzahlen und Preisen umgehend beantworten.

ZV: Und wie kamen Sie zum Technologiepark?

MS: Eigentlich bin ich Diplom-Volkswirt. Seit fünf Jahren vertrete ich als Bauherrenvertreter Bauherren bei Neubau- und Sanierungsvorhaben. Nach einer Tätigkeit bei einem Privatinvestor in Hessen bin ich nun im Technologiepark tätig. Aufgrund meiner guten Vorkenntnisse in rechtlichen und baulichen Themen habe ich hier rasch Fuß gefasst und betreue jetzt dieses Neubauvorhaben neben anderen Tätigkeiten im Bereich des täglichen Business.

ZV: Vielen Dank für das Gespräch.

 

Moritz Schindler, Projektleiter BDC OE

Technologiepark Heidelberg GmbH

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http://www.technologiepark-heidelberg.de

moritz.schindler@heidelberg.de

Beitragsbild: imageagency.com