Der IHK-Konjunkturbericht im Herbst 2020

30. Okt 2020

Die Unternehmen im Bezirk der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar haben den Tiefpunkt der Corona-Krise im Frühjahr hinter sich gelassen, sind jedoch vom Vorkrisenniveau noch weit entfernt. Der Konjunkturklimaindex steigt im Vergleich zur Juni-Umfrage um 16 Punkte auf 95 Punkte. Das sind zentrale Ergebnisse der Herbstumfrage unter 531 IHK-Mitgliedsunternehmen.

 

IHK sieht ewaltiges Rückschlagspotenzial

 

„Angesichts der allerjüngsten Entwicklungen ist das Rückschlagspotenzial jedoch gewaltig“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Axel Nitschke mit Blick auf die steigenden Infektionszahlen und die Reaktion der Politik darauf. Dies gilt vor allem für Unternehmen, die vom ersten Lockdown stark betroffen waren und im Sommer wieder Tritt fassen konnten. Sie sehen sich wieder neuen Beschränkungen oder gar Schließungen gegenüber.

„Die Corona-Pandemie wirkte sich schon bisher auf die Unternehmen höchst unterschiedlich aus. Diese Differenzierung wird jetzt nochmals verstärkt. Viele Betriebe haben gelernt, mit den Maßnahmen zur Pandemiebewältigung umzugehen. Sie profitierten von rückläufigen Infektionszahlen und Entlastungsmaßnahmen im Sommer. In Teilen bleibt die Situation jedoch dramatisch“, sagt der IHK-Hauptgeschäftsführer. Aktuell schätzt ein Viertel der Unternehmen ihre Lage als gut ein, 46 Prozent als befriedigend und 29 Prozent als schlecht. Zum Vergleich: Im Herbst vergangenen Jahres berichtete nur elf Prozent der Unternehmen von einer schlechten Lage.

 

Dienstleistungen

 

„Vor allem Gastronomen, Hoteliers und bestimmte Teile des Einzelhandels konnten sich vom Lockdown im Frühjahr nur teilweise erholen und sehen sich nun mit erneut erheblichen Unsicherheiten konfrontiert“, sagt Nitschke. Messebauer, Clubbetreiber und Reisebüros haben in diesem Jahr so gut wie keine Umsätze gemacht. „Hier zeichnet sich keine Besserung ab“, sagt der IHK-Hauptgeschäftsführer. Mit Blick auf alle Dienstleistungsunternehmen haben sich Lage und Erwartungen erholt, bleiben aber negativ. Der Saldo der Geschäftslage der Dienstleister steigt um 16 Punkte auf -6 Prozentpunkte. 24 Prozent der Unternehmen beurteilen ihre Lage als gut, 46 Prozent als befriedigend und 30 Prozent als schlecht. Der Saldo der Geschäftserwartungen für die kommenden zwölf Monate steigt um 14 Punkte auf -9 Prozentpunkte. Bessere Geschäfte erhoffen sich 20 Prozent der Betriebe, 51 Prozent erwarten gleich bleibende Entwicklungen und 29 Prozent befürchten eine schlechtere Geschäftsentwicklung.

 

Industrieunternehmen

 

„Die Industrieunternehmen haben noch immer mit den Auswirkungen der Corona-Krise zu kämpfen, sind insgesamt aber nicht mehr so sorgenvoll wie im Juni. Ihre Erwartungen schätzen sie besser ein als die momentane Lage. Dies kann ein Indiz dafür sein, dass Unternehmen dieser Branche nach und nach den Weg aus der Corona-Krise finden“, resümiert Nitschke. Bedingt durch rückläufige Umsätze im In- und im Ausland bleibt die Lageeinschätzung der Betriebe insgesamt negativ bei per saldo minus 10 Punkten. 21 Prozent der Unternehmen schätzen ihre Lage als gut, 48 Prozent als befriedigend und 31 Prozent als schlecht ein. Die Auftragsbücher füllen sich wieder etwas und wirken sich positiv auf die Geschäftserwartungen in der Branche aus. Der Erwartungssaldo steigt um 20 Prozentpunkte auf +7 Punkte und liegt damit wieder im positiven Bereich. 36 Prozent der Betriebe erwarten bessere, 35 Prozent gleich bleibende und 29 Prozent schlechtere Geschäfte in den nächsten 12 Monaten.

 

Exportgeschäft

 

Die für die Region taktgebende Industrie erwirtschaftet 60 Prozent ihrer Umsätze im Ausland und war in den vergangenen Jahren zunehmend von Verwerfungen im internationalen Handel geprägt. Zuletzt verstärkte die Corona-Krise massiv die bereits bestehenden Unsicherheiten. Der IHK-Hauptgeschäftsführer sieht mit gemischten Gefühlen auf das Exportgeschäft: „Die Entwicklungen in Asien sorgen für einen kräftigen Anstieg der Exporterwartungen für die kommenden zwölf Monate. Auch für Nordamerika und Europa verbesserten sich die Aussichten, doch die Situation auf diesen wichtigen Märkten hat sich aktuell wieder verschlechtert. Grund zur Sorge bereiten steigende Infektionszahlen in den EU-Ländern, der anstehende Brexit und die in den USA Anfang Oktober auf Eis gelegten Wirtschaftshilfen.“ Der Saldo der Exporterwartungen für die kommenden zwölf Monate steigt um 26 Prozentpunkte auf +7 Punkte.

 

Handel

 

Die Lage der Händler hat sich im Vergleich zur Vorumfrage verbessert. Die Kauflust der Verbraucher, im Frühjahr noch deutlich eingetrübt durch Corona-Verordnungen, ist zum Zeitpunkt der Umfrage gestiegen. Ihre Aussichten schätzen die Händler jedoch negativ ein. Der Saldo der Lageeinschätzungen im Handel steigt um 14 Punkte auf +2 Prozentpunkte. 29 Prozent der Betriebe melden gute, 44 Prozent befriedigende und 27 Prozent schlechte Geschäfte. Der Saldo der Geschäftserwartungen der Unternehmen an die nächsten 12 Monate steigt auf -17 Punkte, 8 Prozentpunkte mehr als in der Vorumfrage. 13 Prozent der Betriebe erwarten bessere, 57 Prozent gleich bleibende und 30 Prozent schlechtere Geschäfte in den nächsten 12 Monaten.

 

Investitions- und Beschäftigungspläne

 

Nach wie vor bestehen erhebliche Unsicherheiten bei den Investitions- und Beschäftigungsplänen der Unternehmen. „Die Betriebe stellen sowohl ihre Investitionen als auch ihre Belegschaftsgröße auf den Prüfstand. Die Kurzarbeit hilft zwar den Unternehmen, Entlassungen zu vermeiden, doch mehr als ein Fünftel der Betriebe geht per saldo von sinkenden Beschäftigtenzahlen in den kommenden zwölf Monaten aus. In der Industrie nimmt mehr als jedes dritte Unternehmen seine Beschäftigungspläne zurück“, so Nitschke. Die Arbeitslosenquote im IHK-Bezirk beträgt im September 5,6 Prozent und liegt damit um 1,5 Prozentpunkten über der Quote im Vorjahresmonat. Die Zahl der offenen Stellen liegt im September bei 5.355, das sind 3.378 weniger als im September 2019.

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie, verbunden mit einer sinkenden Inlandsnachfrage, überlagern alle anderen Geschäftsrisiken. Mit Blick auf knapper werdende Fachkräfte kommentiert Nitschke: „Der Fachkräftemangel tritt zwar in den Hintergrund, doch er bleibt für rund ein Drittel der Betriebe ein großes Hemmnis.“

 

Der aktuelle IHK-Konjunkturbericht ist hier abrufbar.

 

Quelle: IHK Rhein-Neckar

 

 

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