Echtes Leben vor der Linse

Sabine Arndt ist mit Leib und Seele Fotografin. Und sie liebt Heidelberg. In unserem Interview sprechen wir über die Entwicklung der Fotografie und des Fotografenberufs in den letzten Jahren, über das Schlosshotel, die Neckarorte und den Kurpfälzer Charme.

 

ZV: Frau Arndt, weshalb sind Sie Fotografin geworden?

SA: Ich bin eigentlich gelernte Repro-Fotografin. Nachdem ich lange Zeit im weltweiten Außendienst für Elektronische Bildverarbeitungssysteme der Druckvorstufe unterwegs war und nach einer längeren, familienbedingten Auszeit, stieg ich in die Familienfotografie ein. Damals lief das sehr gut. Mit der Finanzkrise 2007/2008 war hier aber erst einmal Schluss – es gab keine Aufträge mehr. Ich habe mich dann auf die Businessfotografie konzentriert: Bewerbungen, Ladengeschäfte, Hotels, Praxen, aber auch Hochzeiten und Babyfotografie. Fotobücher waren damals als Auftragsarbeiten auch beliebt. Ich habe mich stetig weitergebildet und meinen Stil gefunden.

Heute habe ich mich als Porträtfotografin für Business, Bewerbung, Politik und für den privaten Lebensbereich aufgestellt: Firmen- und Familienporträts, Architektur und viele Heidelberger Themen gehören dazu. Zudem arbeite ich als künstlerische Fotografin allein oder mit Kollegen. Ich bin unter anderem Mitglied bei Konnex art, dem Kunstverein des D#16. Die Zahl der Ausstellungen steigt. Das ist ganz wundervoll. [lacht]

 

Sabine Arndt

Sabine Arndt ist auch als künstlerische Fotografin tätig; Foto: Sabine Arndt

 

ZV: Was mögen Sie an der Fotografie?

SA: Die Verlässlichkeit der Technik. Das Ergebnis, wenn ich es geschafft habe! Das ist meine Bestätigung! Wenn ich meine eigenen Ideen und die des Kunden Realität werden zu lasse. Ich liebe auch den Umgang und das Spiel – die Wirkung mit Licht. Ich interessiere mich für Menschen: Ich werde es niemals satt, Menschen – egal in welchem Bereich – kennenzulernen: Wer ist der Mensch vor meiner Linse? Was macht er und was macht ihn aus für mein Bild? Und wie kann ich durch eine Fotografie seinen Kern fassen? Ebenso brenne ich für Heidelberg und die Kurpfalz, für die Stadt, die Region und ihre Menschen.

 

Heidelberg

Wer ist der Mensch vor meiner Linse? Foto: Sabine Arndt

 

Ich bin tief verbunden mit der Fotografie: Die Bilder in meinem Kopf kann ich mit all meinen Mitteln zur Realität werden lassen – wenn es überhaupt eine Realität gibt. Jeder Mensch sieht ja etwas anderes, auch in meinen Fotos. Zudem liebe ich die Vielfalt: Ich habe mit den Superreichen zu tun, mit Luxusgeschäften, mit Politikern der Region, mit der Stille von Architektur-, Produkt- und  Schmuckfotografie, mit der lebendigen Familienfotografie oder auch mit den sensiblen Themen Langzeit-Arbeitslose oder Kinder aus der Palliativ-Medizin. Echtes Leben. Höhen und Tiefen.

ZV: Sie haben ja auch ein Buch über das Schlosshotel Heidelberg geschrieben. Wie kam es dazu?

SA: Das Schlosshotel habe ich mit 17 kennengelernt, als ich frisch nach Heidelberg kam. Der verwunschene Ort hat mich sofort gefangengenommen. Viele Jahre später war ich wieder dort und ich habe gemerkt: Da wird gebaut… Ich bat um die Erlaubnis, fotografieren zu dürfen. Damit die stimmungsvollen Bilder nicht dumm in meinem Archiv rumliegen, begann ich zu recherchieren, zu interviewen und zu schreiben. Das war alles Neuland. Ehrlich gesagt, da sind ganz schöne Fehler drin! Da werde ich heute noch rot vor Scham. War halt mein erstes Buch-Baby und dazu noch selbst verlegt! [lacht] Das war 2011. 2015 folgte das Buch über das Alte Hallenbad und 2016 „Heidelberg einfach spitze – 100 Gründe stolz auf diese Stadt zu sein“. Die kamen allerdings über Verlage. Aktuell arbeite ich an einem Buch zur Stadt- und Kongresshalle Heidelberg.

 

Bücher

Drei Bücher hat Sabine Arndt verfasst.

 

ZV: Wie hat sich die Fotografie in den letzten Jahren verändert?

SA: Es fand sicherlich eine Spezialisierung statt: Es gibt heute Reportage-, Event-, Sportfotografie, Tier- und Porträtfotografie, Landschafts- und Architekturfotografie, Food-, Schmuck- und Produktfotografie, etc. Das war vor 25 Jahren, in den analogen Zeiten, noch nicht so vielfältig. Heute sollte man sich mit spezialisieren: Ein guter Hochzeitsfotograf kann nicht gleich gute Produktfotografie machen. Aber zu eng sollte man sich auch nicht aufstellen – das macht uns Kreativen die derzeitige Krise deutlich.

 

Ringe

Das Produkt im Fokus…

 

Natur; Sabine Arndt

aber auch die Natur im Blick; beide Fotos: Sabine Arndt

 

Das klassische Fotostudio, das man aus seiner Kindheit kennt, in das man mit der Mutter ging und dann gab es nach den Porträtaufnahmen das Album in Leder oder den Bilderrahmen dazu – das ist schon fast ausgestorben. Heute machen Kunden einen Termin für eine hochwertige und sehr individuellen Fotografie, die einen bestimmten Zweck hat und dieser Zweck steht dann im Zentrum: Bewerbung, branchenspezifisches Business, Familie oder einfach private Fotos. Die ganzen zusätzlichen Produkte, wie Bilderrahmen, Alben oder Abzüge besorgt sich der Kunde heute selbst, das ist viel zu individuell geworden. Der Kunde erhält nur noch seine digitalen Daten, sorgfältig bearbeitet und ausgewählt.

 

Hund

Fototermin einmal anders; Foto: Sabine Arndt

 

ZV: Wie haben sich die Kunden verändert?

SA: Das Smartphone hat vieles geändert. Die Leute fotografieren sich selbst und wollen für professionelle Fotos nicht mehr viel bezahlen. Wobei ich diesen Kunden auch nicht unbedingt haben will. Auch junge Start-ups sagen: Das machen wir mit dem Handy. Das ist alles in Ordnung, wenn man sich im privaten Bereich bewegt oder in einer Gründungsphase befindet.

Sobald es anspruchsvoller wird, ist ein Profi durch nichts zu ersetzen. Man braucht einen guten Webauftritt, um auf dem Markt ernstgenommen zu werden. Dazu gehören gute Fotos von einem erfahrenen Fotografen, der mit Licht, Technik und Menschen umgehen kann. Der Bilder so „gestalten“ kann, dass sie Geschichten erzählen – Storytelling. Fotografieren sieht immer so einfach aus, viele entscheidende Dinge weiß man als Amateur einfach nicht. Ich arbeite gerne mit kleinen bis mittleren Unternehmen. Eins zu eins. Da findet sich noch Kundentreue und -bindung und ich bin dem Preiskampf nicht so sehr ausgeliefert.

 

Treppenhaus; Sabine Arndt

Professionelle Perspektive; Foto: Sabine Arndt

 

ZV: Wie wichtig ist Fortbildung?

SA: Fortbildung ist wichtiger denn je. Heute kann man nicht mehr sagen: Ich bin Fotograf und habe mein Atelier, kann alles und fertig. Man muss immer seine Fühler ausstrecken. Ich schaue stets, was die anderen machen, was angesagt ist, aber auch, was zum eigenen Stil passt. Neben professionellen Schulungen ist der Austausch mit Kollegen wichtig. Zum Glück ist es heute so, dass sich die Kollegen vernetzen und dass sie sich nicht mehr als Konkurrenz sehen.

ZV: Die technische Entwicklung hat sich beschleunigt…

SA: Ja! Es geht rasend schnell voran. Vor 15 Jahren dachte ich noch, dass das Digitale niemals ernst zu nehmen ist – die Hauttöne hatten damals keine weichen Übergänge. Ich wurde eines Besseren belehrt. Ich arbeite mittlerweile spiegellos. Das hätte ich auch nie gedacht.

Die Auflösungen werden immer größer und dadurch werden auch die Dateien immer größer und die Rechner müssen immer leistungsfähiger werden. Deshalb muss man in regelmäßigen Abständen investieren. Auch die Objektive verbessern sich stetig – das bedeutet aber auch, dass sie teurer werden. Beim Licht, sprich Blitzanlagen, gab und gibt es große technische Sprünge und es macht irre Spaß mit den kleinen, klugen Anlagen zu arbeiten. Aber insgesamt gilt auch hier Sorgfalt und Achtsamkeit: Ich laufe nicht jedem neuesten Trend hinterher.

 

Kochtruppe Sabine Arndt

Sorgfalt, Achtsamkeit und Spaß – auch bei der Produktpräsentation; Foto: Sabine Arndt

 

ZV: Gerät man also in eine schwierige Lage zwischen sinkenden Erlösen und steigenden Kosten?

SA: Ja, das ist tatsächlich so. Man wird als Handwerkerin immer mehr zur Kauffrau. Man muss den Kunden deutlich machen, dass sie gute, professionelle und zuverlässige Leistung wollen und auch bekommen. Ich muss stetig transparent darlegen, dass diese Leistung Zeit kostet – Zeit, die man im ersten Schritt nicht sieht. In der Leistung steckt kostspielige und neue Technik – von der Kamera, über das Studio und den PC inklusive Software, plus Mieten, Versicherungen, etc. Ich musste das auch erst lernen, mich für meine Leistung durchzusetzen. Mein Kunde versteht nach dem ersten Auftrag, weshalb der Preis mein Preis ist und meine Fotos das Geld wert sind. Meine Kunden schätzen mich und meine Arbeit. Darüber bin ich froh.

 

Verkaufsraum

Räume im richtigen Licht; Foto: Sabine Arndt

 

ZV: Was mögen Sie an Heidelberg?

SA: Heidelberg ist für mich, wenn ich einmal nicht gut drauf bin, ein absoluter Trost. Dann muss ich nur über eine der Brücken gehen, sehe das Schloss, den Fluss, die Altstadt und bin jedes Mal entzückt. Atme auf. Ich liebe die Kombination aus Wald, Bergen und Fluss, diese sehr grüne, sehr warme Stadt. Ich mag auch den etwas herben Kurpfälzer Charme, klar und direkt. Heidelberg ist mein Zuhause, meine Heimat geworden.

 

Heidelberg

Die Heimat: Fluss, Schloss, Altstadt; Foto: Sabine Arndt

 

Heidelberg ist unglaublich vielseitig: Eine Touristenstadt und eine Stadt mit viel Geschichte, aber auch eine moderne Wissenschaftsstadt mit neuer Architektur. Gerade deshalb verfolge ich die Diskussionen im Gemeinderat und in der städtischen Gesellschaft mit großem Interesse. Das ist auch der Grund, weshalb ich mich bei Neckarorte e.V. engagiere, um mich bei der Stadt zu revanchieren und bei der Stadtentwicklung ein kleines Rädchen zu sein, das Dinge bewegt. Ich glaube auch, ich bin bekannt dafür, dass ich zu tollen, ehrenamtlichen Projekten der Stadt schwer nein sagen kann.

ZV: Und weshalb sind Sie in das Dezernat 16 gegangen?

SA: Eigentlich kam ich zu meinem dortigen Atelier wie „die Jungfrau zum Kind“ [lacht]. Ich wollte nie ein Atelier und mich binden. Aber als ich das Studio vor mehr als sechs Jahren zum ersten Mal sah, wusste ich sofort, das ist mein Ding! Es ist kein klassisches Studio, sondern ein Atelier, in das ich nur gehe, wenn ich einen Auftrag habe und ansonsten kann ich frei arbeiten. Wir sind hier im Studio mittlerweile zu dritt. Und ich habe lauter Kreative um mich.

 

Dezernat 16 Sabine Arndt

Die Wirkungsstätte: Das Dezernat 16; Foto: Sabine Arndt

 

Mit diesem Studio war die Zeit als Einzelkämpfer für mich vorbei und der alte Kasten ist genau meins. Ich habe mich mit engagiert, dass der Gemeinderat das Dezernat 16 absegnet. Es sind nun mehr als 100 kreative Unternehmen mit wirtschaftlichem Interesse dort angesiedelt. Besser geht es nicht. Hier entstanden und entstehen Freundschaften und Kooperationen mit ganz unterschiedlichen Leuten. Jahrelange Partnerschaften. Der Austausch bedeutet Inspiration, Motivation und neue Erkenntnisse. Ohne das D#16 wäre ich längst nicht so bekannt in unserer Stadt und hätte nicht die vielen Möglichkeiten mich zu vernetzen oder meine Kunst auszustellen. Ich brenne für das Dezernat und sein fantastisches Konzept.

ZV: Vielen Dank für das Gespräch.

 

 

enjoy

 

Kontakt:

Sabine Arndt

enjoy photography

Atelier:

Dezernat 16

Emil-Maier-Str. 16

D-69115 Heidelberg

Postanschrift:

Plöck 2                                   

D-69117 Heidelberg

www.sabinearndt.de

sabine@enjoyyourfamily.de 

Tel.: 0171 – 47 60 944

 

Beitragsbild: Sabine Arndt