Gestalten und Programmieren

Foto: Pixelschupser

Werbung und Mediengestaltung veränderten sich in den letzten zehn Jahren rasant. Zeitenvogel sprach mit Daniel Schermesser von der Agentur Pixelschupser über Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung.

ZV: Herr Schermesser, was ist Pixelschupser?

DS: Pixelschupser ist eine Agentur aus Neustadt an der Weinstraße. Die Agentur beschäftigt sich hauptsächlich mit den drei Bereichen Printdesign, Branding und Webdesign. Das beinhaltet das Gestalten von klassischen Printmedien wie Hefte, Bücher, Flyer, Plakate. Das Branding umfasst die Entwicklung des Corporate Design bzw. der Corporate Identity. Der Webbereich ist sehr umfangreich, das ist unsere Kernkompetenz: 70 Prozent der von uns umgesetzten Projekte betreffen das Webdesign.

ZV: Was ist Ihr Alleinstellungsmerkmal?

DS: Wir fangen ganz vorne an und starten dann komplett durch bis zur fertigen Programmierung und Gestaltung der Webseite oder bis zum Start der Kampagne. Kunden kommen zu uns und möchten beispielsweise ihr Logo entwickelt haben oder ihre CI (Corporate Identity) überarbeiten, sie möchten auch weiterführend beraten werden, was Onlinemarketing angeht oder weitere Werbekampagnen.

ZV: Aus welchen Branchen stammen Ihre Kunden?

DS: Wir betreuen Kunden aus allen Branchenfeldern. Zu unseren Auftraggebern gehören unter anderem lokale Unternehmen, jedoch auch Kunden aus dem produzierenden Gewerbe. Räumlich gesehen konnten wir in den letzten Jahren auch Kunden aus der Schweiz, Österreich und Amerika begrüßen.

ZV: Ein großes Thema, das nicht nur den Mittelstand, sondern die ganze Gesellschaft betrifft, ist die Digitalisierung. Welche Aspekte der Digitalisierung betreffen Ihre Kunden?

DS: Vor zwölf Jahren habe ich ausschließlich Printprojekte umgesetzt. Seither wurden unsere Kunden immer mehr in die digitale Welt geschoben. Heute hat jeder ein Smartphone und ist mit einem Tablet unterwegs. Dies ermöglicht eine schnelle Suche nach Öffnungszeiten oder anderen Informationen. Zum Einkaufen muss nicht mal mehr die Couch verlassen werden. Das stellt uns als Agentur vor immer neue Herausforderungen, die wir mitgestalten.

Printmedien werden nicht aussterben, sie werden aber filtern. Das heißt, unsere Briefkästen werden weiterhin mit Werbeblättchen gefüllt sein, jedoch wird die digitale Welt definitiv mehr in den Fokus rücken und eingebunden werden. Ein ganz neuer Aspekt der Digitalisierung, der jetzt kommen wird, ist AR (Augmented Reality). Die AR wird den Einkaufsmarkt revolutionieren. Da stehen wir als Agentur mittendrin und entwickeln das vorab mit: Wir sammeln zum Beispiel auf Messen Erfahrungen und geben das dann möglichst rasch an unsere Kunden weiter.

ZV: Wenn wir bei AR bleiben: Welche Entwicklungen werden dort ablaufen?

DS: Gerade im Bereich des Einzelhandels oder des Onlineverkaufs wird es die AR dem Kunden ermöglichen, Produkte virtuell zu erleben: Mixed Reality wird es den Kunden erlauben, mittels Brillen oder Smartphones in ihrer Wohnung Möbel oder andere Einrichtungsgegenstände digital zu platzieren. So können die Kunden schauen, ob das passt oder nicht. Man kennt dies in abgeschwächter Form von den 3D-Planungstools im Küchenbaubereich. Das wird nun immer mehr adaptiert auf Smartphones und Tablets, die dann mit Hilfe einer App das Kamerabild mit einer digital erzeugten Welt verbinden. Solche Techniken sind die Zukunft.

 ZV: Ein anderes Beispiel wären ja auch die digitalen Umkleidekabinen. Hatten Sie damit auch bereits zu tun?

DS: Gott sei Dank noch nicht – ich kann die Kleidungsstücke noch selbst im Laden anprobieren (lacht). Virtuelle Anproben kennt man aber schon von manchen Brillenherstellern. Das sind die ersten Vorreiter, das wird immer mehr kommen.

ZV: Bemerken Sie auch, dass Ihre Kunden unter einer Art „technologischem Wettbewerbsdruck“ stehen? Müssen Unternehmen stets nachziehen, wenn die Konkurrenz eine bestimmte Technologie anwendet?

DS: Die meisten Kunden, die wir betreuen, haben bereits verschiedene Dinge gesehen oder gehört oder waren auf Seminaren, auf denen ihnen nahegelegt wird, etwas machen zu müssen. Wir beraten hier zunächst und schauen gemeinsam mit dem Kunden, was für ihn und seine Branche am besten wäre. Nicht jeder Trend sollte mitgemacht werden, auch wäre nicht jeder Trend für den Kunden von Vorteil. Nicht jeder benötigt beispielsweise ein Shopsystem oder andere technische Spielereien. Es kommt immer darauf an: Was ist das für ein Kunde? Welches Alleinstellungsmerkmal hat er? Ist ein bestimmtes technisches Detail sinnvoll für den Kunden?

ZV: Wie muss man sich nun das weitere Vorgehen vorstellen?

DS: Wir erstellen erst einmal eine Ist-Analyse, das heißt wir schauen: Was hat der Kunde? Ist eine Webpräsenz vorhanden? Oder hat er noch gar nichts? Dann überlegen wir: Wo liegen die Kernkompetenzen des Kunden? Was möchte er überhaupt verkaufen? Wir analysieren seine Zielgruppe: Ist sie jung oder alt? Männlich oder weiblich? Single oder in einer Partnerschaft? Daraufhin entwickeln wir eine zielgruppenorientierte Strategie für die Gestaltung. Zielgruppenorientierung ist ganz wichtig, die immer wiederkehrenden Fragen: Wie erreiche ich die Zielgruppe? Muss da etwas wackeln auf der Webseite? Muss da nichts wackeln? Wie ist die Menüführung? Verspielt oder eher schlicht und einfach? Das machen wir als Agentur komplett individuell: die Gestaltung und die Programmierung.

ZV: Was ist der Vorteil einer individuellen Programmierung?

DS: Man kann ein Template (vorgefertigte Website) nur sehr eingeschränkt anpassen. Man muss das vorgefertigte Design mit allen Funktionen nutzen. Dies kann unter Umständen zu langen Ladezeiten oder einer fehlerhaften responsiven Darstellung führen. Darüber hinaus benötigt ein Kunde nicht alle Funktionen und vorgefertigten Elemente eines solchen Templates. Bei einer individuellen Gestaltung und Programmierung hat man all diese Probleme nicht. Wir können komplett auf die Bedürfnisse des Kunden eingehen.

ZV: Führen Sie auch Social Media-Kampagnen durch?

DS: Wir arbeiten momentan mit einer Agentur aus Mannheim zusammen. Kampagnen, die wir mit unseren Kunden zusammen planen, erstellen wir aber gerne auch selbst. Es kommt immer darauf an, was der Kunde möchte. Wir beraten den Kunden und planen mit ihm zusammen Budget, Zeit und Ablauf. Es gibt bei den Social Media-Kampagnen sehr viele Möglichkeiten. Man kann aber auch viel falsch machen. Wichtig ist immer, dass das Ergebnis für den Kunden stimmt und einen spürbaren Mehrwert hat.

ZV: Sie hatten gerade auch Fehler angesprochen: Was sind grobe Fehler, die man machen kann?

DS: Grobe Fehler entstehen häufig dann, wenn Laien bei der Programmierung oder bei den Social Media-Kampagnen selbst Hand anlegen: Die großen Social Media-Anbieter erlauben es, recht einfach selbst Werbeanzeigen zu schalten. Wenn man keine Ahnung hat, kann das natürlich auch schnell einmal nach hinten losgehen, indem man vielleicht die falsche Zielgruppe, falsche Begriffe und falsche Keywords wählt, vielleicht auch die falschen Texte für die Kampagne schreibt. Schnell ist es schlecht lesbar oder die Kernkompetenz des Kunden tritt nicht klar hervor. Das sind die größten Fehler, die man machen kann.

ZV: Wird die Nutzung von Smartphones künftig noch weiter zunehmen? Google wird ja ab 2018 seine Ranking-Kriterien so ändern, dass die Smartphone-Nutzung im Vordergrund steht.

DS: Das ist korrekt. Die Unterstützung der Smartphone-Nutzung wird bei unseren Kunden immer mehr zum Muss. Wir haben vor fünf Jahren optional angeboten, Webseiten responsive – also gerätanpassend – zu designen. Heute ist das Standard, dass jede Webseite responsive sein muss. Wir sprechen sogar von ,,mobile first“. Wenn Webseiten diese Eigenschaft nicht erfüllen, dann straft Google diese beim Ranking ab.

ZV: Nun kann es auch sein, dass einzelne Ihrer Kunden sagen: Was nutzen mir Klickzahlen, wenn nicht am Schluss die Umsätze stimmen? Wo sehen Sie Probleme bei der Konvertierung von Nutzerzahlen in Umsätze?

DS: Wenn bei Kampagnen die Statistik stimmt, der Kunde aber entsprechend keine großen Veränderungen seiner Umsätze sieht, dann ist zu überlegen: Was ändern wir? Ist hier vielleicht die Zielgruppe falsch angesprochen worden? Oder kollidiert vielleicht die Social Media-Kampagne mit der Unternehmenspolitik des Kunden? Sind es die Preise? Ist es vielleicht die Aufmachung? Ist es vielleicht auch die Webseitengestaltung? Wenn es um ein Shopsystem geht: Findet der User eigentlich das, was beworben wurde oder nicht? Das sind hier die häufigsten Fehler: Dass die Kampagnen gut gelingen, die Webseiten aber insofern irreführend aufgebaut sind, als dass der User keinen Weg, kein Ziel findet.

ZV: Wie beurteilen Sie die Thematik Digitalisierung und Mittelstand?

DS: Was intern geschieht, bekommen wir meist gar nicht mit, weil das andere Stellen entscheiden. Unsere generelle Erfahrung zeigt aber, dass der Mittelstand bei weitem noch nicht dort ist, wo er sein könnte. Mitunter fehlt es an Wissen um die Möglichkeiten. Viele große Unternehmen aus dem Automobilbereich sind bereits voll automatisiert und digitalisiert. Jetzt kommt es so langsam im Mittelstand an. Digitalisierung beginnt meist mit der Buchhaltung, egal, welche Branche das ist. Oder aber es geht mit der Produktion los, dass Maschinen und Arbeitsprozesse digitalisiert und automatisiert werden. Das beeinflusst dann wieder Buchhaltung und Auslieferung: Heute bestellt man etwas, es wird automatisch eingepackt und versandt und einen Tag später ist es dann schon im Briefkasten. Da besteht aber definitiv noch Nachholbedarf. Gerade bei uns Deutschen.

Es muss allerdings auch vernünftig digitalisiert werden. Es ist schwierig, einfach mal ins Blaue zu digitalisieren. Wir als Agentur können dem Kunden aber nicht eine komplette Digitalisierungsstrategie anbieten. Was wir anbieten, ist ja immer nur der Webbereich, das heißt das Aushängeschild des Unternehmens.

ZV: Wie wichtig ist es im Zusammenhang mit Digitalisierungsprozessen, die Anwendung neuer Technologien im Unternehmen zu verankern und entsprechende Mitarbeiter zu schulen?

DS: Das ist sehr wichtig. Unternehmen müssen natürlich auch Personal haben, das komplett alles bedienen bzw. benutzen kann. Gerade im Webbereich werden immer wieder Arbeitnehmer abgestellt, die sich um die Social Media kümmern sollen, aber keine Ahnung haben. Dann kommen wir dann wieder als Agentur ins Spiel. Wir sensibilisieren das Unternehmen, wir schulen auch das Personal, erklären, mit welchen Kampagnen sie selbst eigenständig werben können, ohne immer gleich eine große Agentur zu beauftragen. Es besteht immer Bedarf an geschultem Personal.

ZV: Haben Sie es in diesem Zusammenhang mitunter auch mit Berührungsängsten zu tun?

DS: Durchaus. Überspitzt formuliert haben wir da auch Menschen, die sagen: Ich kenne mich da nicht aus. Ich habe noch nie irgendetwas gemacht, außer den Computer an oder aus. Dementsprechend treffen wir da schon auf Mitarbeiter, die ein bisschen Angst haben, sich mit dieser Digitalisierung auseinanderzusetzen, es ist aber in der Regel nach ein bis zwei Stunden Gespräch nicht mehr so gravierend.

ZV: Wie kamen Sie zu Ihrer Geschäftsidee?

DS: Begonnen habe ich vor zwölf Jahren alleine – wie jeder irgendwann irgendwo anfängt. Nach meiner Ausbildung in einer lokalen Druckerei habe ich noch ein Jahr in diesem Unternehmen, danach freiberuflich gearbeitet. Zunächst war ich auf der Printschiene unterwegs, das heißt, ich alleine habe die klassischen Printmedien gestaltet. Erst zwei Jahre später, nachdem ich den ersten Mitarbeiter eingestellt hatte, wagte ich den Schritt in die Webrichtung. Damals waren Internetseiten schlicht und einfach. Man merkt schon, dass sich im Laufe der letzten acht Jahre viel getan hat.

Es spielt sich heute viel mehr auf den digitalen Endgeräten ab und der User ist nicht nur mit seinem Laptop oder seinem normalen Desktopgerät online, sondern ist – egal, wo er steht – immer online, will immer alles wissen, will immer informiert sein, möchte Dinge bestellen, möchte sich über einen Reiseplan informieren, möchte vielleicht auch eine Reise buchen, während er bei Regenwetter an der Bushaltestelle steht. Das merken wir immer wieder bei uns, dass das viel mehr geworden ist.

ZV: War Ihre Spezialisierung auf den Bereich des digitalen Marketings also vor allem eine Folge der technologischen Entwicklung?

DS: Eigentlich waren immer die Kunden die treibende Kraft. Es kam ein erster Kunde, der nach digitalen Lösungen gefragt hat, dann haben wir angefangen das umzusetzen, dann kam der nächste Kunde und so ging es immer weiter. Immer mehr Kunden haben Projekte angefragt, und wir haben uns dann daraufhin weiterentwickelt. In den letzten zwölf Jahren sind wir stetig gewachsen. Momentan sind wir acht Leute. Aber auch jetzt sind wir auf der Suche nach mehr Personal, gerade in der Webentwicklung. Da ist es nicht so einfach, qualifiziertes Personal zu finden.

ZV: Wo sehen Sie wichtige Aufgaben in der Unternehmensführung hinsichtlich Ihrer Mitarbeiter?

DS: Da spielt das Arbeitsklima eine große Rolle. Die Arbeit muss auch Spaß machen. Die Atmosphäre muss stimmen. Ich sehe diese cleanen Großraumbüros nicht unbedingt als sinnvoll an. Bei uns ist das sehr familiär, es sieht eher aus wie in einem Wohnzimmer als in einem Büro und so möchte ich auch das Arbeitsklima. Die Mitarbeiter sollen sich hier wie zuhause fühlen, sie dürfen auch gerne alle barfuß rumlaufen, wenn ihnen das angenehmer ist (lacht), es gibt genug Arbeitsplatzmöglichkeiten. Künftig wird das noch wichtiger werden, dass sich die Mitarbeiter auch bei der Arbeit wie zuhause fühlen.

ZV: Wie wichtig sind Weiterqualifikationsmaßnahmen in Ihrem Bereich? Lernt man mit der Tätigkeit?

DS: Eine Mischung aus beidem: Man lernt natürlich mit der Tätigkeit. Man muss aber auch immer wieder auf Messen, man muss sich informieren, man muss Schulungen mitmachen, man muss sich mit anderen austauschen. Wir haben ein großes Netzwerk an Agenturen aufgebaut. Über diesen Austausch fließen die Erfahrungen anderer Unternehmen in die eigenen Erfahrungen mit ein. Dieser Austausch ist auf jeden Fall unumgänglich.

ZV: Was sind für Sie rückblickend die wichtigsten Eigenschaften eines Gründers?

DS: Wichtig bei der Neugründung ist Mut. Man darf keine Angst haben, Fehler zu machen. Auch ich habe viele Fehler gemacht, aus denen ich gelernt habe. Man muss immer wieder aufstehen. Ich hatte auch bereits mit Partnern zu tun, die nicht das Wohl des Unternehmens im Sinne hatten. Ich bin momentan alleine Inhaber dieses Unternehmens, was ich auch gerne bleiben will. Mut benötigt man auch dahingehend, mit einer Idee an den Markt zu kommen, die es vielleicht noch nicht gibt. Man sollte darüber hinaus viele Existenzgründerseminare mitnehmen. Es gibt vom deutschen Staat aus genug Fördermöglichkeiten, mit denen Start-ups gefördert werden. Wichtig ist es, sich zu informieren und auch den Papierkram über sich ergehen lassen. Ganz wichtig ist: Durchhalten!

ZV: Weshalb haben Sie Neustadt an der Weinstraße als Unternehmensstandort gewählt?

DS: In erster Linie ist es die schöne Umgebung. Ich selbst komme aus Sachsen-Anhalt, bin diese doch sehr bergige Landschaft nicht gewohnt. Der Wein, der hier überall ist, ist auch optisch ein Highlight. Aus Unternehmensperspektive ist es die Anbindung, die Infrastruktur. Neustadt ist relativ klein im Vergleich zu den Städten rundherum, aber die Wege zu unseren Kunden sind kurz: Heidelberg, Karlsruhe, Mannheim, Ludwigshafen sind alles Städte, die von hier aus gut erreichbar sind. Aber auch in Hamburg oder Berlin ist man mit dem Flugzeug schnell.

ZV: Vielen Dank für das Gespräch.

 

Daniel Schermesser

Pixelschupser

Martin-Luther-Straße 63

67433 Neustadt a.d.W.

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