Grabpflege online

Demographischer Wandel, räumliche Mobilität und neue Möglichkeiten der Digitalisierung beeinflussen auch die Art des Gedenkens. Zeitenvogel sprach mit Andreas und Matthias Luthe (friedhofsglück) über Tod und Gedenken im digitalen Zeitalter, die Schwierigkeit Blumen an ein Grab liefern zu lassen und Grabflege aus der Ferne.

Foto: Andreas Luthe

ZV: Herr Luthe, was hat sich beim Umgang mit dem Tod im digitalen Zeitalter geändert?

AL: Der Tod im digitalen Zeitalter ist der gleiche wie zuvor. Jedoch hat sich die Art geändert, wie wir mit dem Tod umgehen. Die Mobilität in der Gesellschaft ist stark gestiegen. Jedes Jahr ziehen mehr als vier Millionen Menschen über Gemeindegrenzen hinweg um und lassen ihre Verwandtschaft zurück. Deshalb wird auch der Friedhof als Bestattungsort heute ganz anders wahrgenommen: Es gibt nicht mehr den einen Fixpunkt für das Gedenken, man kann auch aus der Ferne trauern.

ZV: Spielt auch der demographische Wandel eine Rolle?

AL: Ja, definitiv. Wichtiger scheinen mir aber die Technologien zu sein, über die wir heute verfügen. Mit Skype und WhatsApp ist die Welt viel kleiner geworden. So ist man sich auch über große Distanzen nah.

ZV: Wird man heute eigentlich schneller vergessen als früher?

AL: Die Daten der Social-Media-Profile bleiben wahrscheinlich lange erhalten. Ich glaube auch nicht, dass man von den Angehörigen und Freunden schneller vergessen wird. In unserer schnelllebigen Welt sucht man aber vielleicht nicht mehr so häufig die emotionale Verbundenheit mit den Verstorbenen wie früher, als das Grab gleichsam direkt vor der Tür lag. Das Gedenken wird sporadischer, aber meiner Meinung nach ist die Trauer noch immer ähnlich intensiv.

ZV: Und was ist friedhofsglück?

Foto: Matthias Luthe

ML: Friedhofsglück ist eine Plattform für die Buchung und Verwaltung von Grabpflege-Dienstleistungen im Internet. Wir sind in drei Bereichen aktiv: Erstens bieten wir die klassische Grabpflege auf jährlicher Basis an. Zweitens liefern wir Blumen und Gestecke für unterschiedliche Anlässe, zum Beispiel zum Todes- oder Geburtstag oder zu Allerheiligen, direkt ans Grab. Und drittens bieten wir einen Gießservice an, bei dem wir uns in bestimmten Monaten um die Gräber der Verstorbenen kümmern.

ZV: An wen wenden Sie sich mit Ihrem Angebot?

ML: Auf der einen Seite arbeiten wir mit professionellen Friedhofsgärtnern zusammen. Wir stehen für die Qualität unserer Leistungen und können diese durch unsere Partner garantieren. Umgekehrt profitieren unsere Partner durch die Erschließung des Onlinemarktes, die unsere App bietet: Viele Friedhofsgärtnereien sind im Internet noch nicht gut zu finden. Durch friedhofsglück können sie Zusatzaufträge erhalten.

Auf der anderen Seite wenden wir uns an unsere Kunden. Diese können nicht nur Familienangehörige sein, sondern auch Freunde oder Bekannte, die einen Blumenstrauß auf das Grab des Verstorbenen legen lassen möchten.

ZV: Für das Versenden von Blumensträußen gibt es aber ja bereits etablierte Anbieter?

AL: Ja. Der größte und bekannteste dieser Anbieter liefert die Blumen aber nur an eine Adresse. Das heißt, der Kunde muss Straße und Hausnummer angeben, an ein Grab wird nicht geliefert. Friedhofsglück liefert auch an das Grab.

ZV: Und das deutschlandweit?

AL: Ja, genau. Es ist egal, in welcher Stadt wir beauftragt werden. Wir suchen uns die Gärtnerei aus, die am besten zum Auftrag passt und lassen die Arbeiten ausführen. Nach Abschluss der Arbeiten fotografiert die Gärtnerei das Grab. So können wir überprüfen, dass der Auftrag erfüllt wurde. Und der Kunde kann sich anhand des Fotos davon überzeugen, dass das Grab dann entsprechend seinen Wünschen gestaltet ist.

ZV: Wie funktioniert das Buchen Ihrer Leistungen technisch?

ML: Der Kunde bucht über unsere Homepage die Leistungen, die er in Anspruch nehmen will: Grabpflege, Blumenschmuck oder Gießservice. Entscheidet er sich beispielsweise für die Grabpflege, werden ihm verschiedene Pakete angeboten. Diese reichen von „Grabpflege Basis“ bis „Grabpflege Rundum Sorglos“.

ZV: Zahlt der Kunde direkt an die Friedhofsgärtnerei?

ML: Nein. Die Zahlung geht an uns. Wir bezahlen dann die Friedhofsgärtnerei abzüglich einer kleinen Provision.

ZV: Welchen Vorteil habe ich davon, über Ihr System zu buchen und mir nicht gleich selbst einen Friedhofsgärtner zu suchen?

AL: Unsere Kunden befinden sich – circa zwei Wochen nach der Beerdigung – meist in einer emotionalen Ausnahmesituation. Bei der Beauftragung der Grabpflege ist es sehr häufig so, dass ein Erstgespräch am Grab stattfinden muss. Das heißt, der Kunde oder die Kundin muss sich einen Friedhofsgärtner suchen, einen Termin vereinbaren um sich am Grab zu treffen und dann wird entschieden, was gemacht werden muss. Wir bieten die Möglichkeit, dies auch ganz einfach von zu Hause in einer angenehmen Umgebung zu erledigen und die Pakete zu wählen, die man sich wünscht, ohne vor Ort sein zu müssen.

ZV: Ist es auch möglich, persönliche Wünsche zu äußern?

ML: Ja, das ist ohne Probleme möglich. Der Kunde kann uns einfach beim Buchen eine Nachricht schreiben oder mit uns telefonisch in Kontakt treten.

ZV: Wie kamen Sie auf die Idee mit friedhofsglück?

AL: Friedhofsglück entstand aufgrund eigener Betroffenheit durch den Tod unseres Großvaters. Uns wurde damals sehr bewusst, dass wir nicht mehr an dem Ort wohnen, an dem unsere Eltern wohnen und unsere Eltern wiederum nicht mehr an dem Ort, an dem ihre Eltern wohnten. Die Frage stand im Raum: Wer kümmert sich eigentlich im Todesfall um die Gräber der bereits Verstorbenen? Wir recherchierten und stellten fest, dass es noch keinen Service gibt, den man online buchen kann. Es war auch nicht möglich, zum Todestag unseres Opas Blumen auf das Grab legen zu lassen. Dann haben wir gedacht: Das kriegen wir besser hin!

ZV: Wie ging es mit friedhofsglück weiter?

AL: Ich studierte in Karlsruhe Wirtschaftsingenieurswesen und absolvierte im September 2017 mein Bachelorexamen. Damals begann ich, die Idee zu friedhofsglück hier in Karlsruhe vorzustellen. Matthias, der nach seinem Studium der BWL aus Münster nach Karlsruhe kam, und ich gingen dann die Realisierung unseres Vorhabens in Vollzeit an.

In mehreren Wettbewerben – unter anderem dem Up2B Breakthrough-Wettbewerb und dem Firecamp der innoWerft – haben wir sehr gut abgeschnitten. Das Feedback war überaus positiv. Das zeigte uns, dass wir uns in die richtige Richtung bewegen, jetzt geht es darum, das Vorhaben mit Hilfe von Investoren konkret umzusetzen.

ZV: Wir sind ja hier im CyberLab. Um was handelt es sich dabei?

ML: Das CyberLab ist der IT-Accelerator des Landes Baden-Württemberg. Es wird vom CyberForum betrieben. Das CyberForum ist ein gemeinnütziger Verein aus Karlsruhe mit Sitz in der Hoepfnerburg. Es wurde vor über 30 Jahren mit dem Ziel gegründet, regionale Start-ups aus dem IT-Bereich zu unterstützen. Wir haben im vergangenen Dezember am hauseigenen PreLab-Wettbewerb teilgenommen, der es uns ermöglichte, hier im CyberLab Räumlichkeiten nutzen zu können. Neben den Räumen und der erforderlichen Infrastruktur bekommen wir auch Beratung, Coaching und Mentoring durch die Mitarbeiter des CyberLabs.

ZV: Vielen Dank für das Gespräch.

Foto: friedshofsglück

 

Andreas und Matthias Luthe

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76131 Karlsruhe

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