Kontaktdaten aktuell halten mit tye

Foto: Casper Schulenburg

Es ist nicht einfach, Kontaktdaten datenschutzrechtlich korrekt aktuell zu halten. Die kommende Datenschutz-Grundverordnung wird diese Thematik nicht erleichtern. Zeitenvogel sprach mit Casper Schulenburg von tye über eine Lösung und seine bisherigen Erfahrungen als Gründer.

ZV: Herr Schulenburg, was ist die Idee hinter Ihrer Software tye?

CS: Tye ist eine Lösung für ein Problem, das immer drängender wird: Kontaktdaten veralten schnell. Pro Monat veralten ungefähr zwei Prozent der Kontaktdaten, also Telefonnummern, Adressen und E-Mail-Adressen. Es nimmt viel Zeit in Anspruch, Kontaktdaten aktuell zu halten. Vor allem für Unternehmen ist das auch ein finanzielles Problem. Tye löst dieses Problem durch ein Add-on für CRM(Customer-Relationship-Management)-Systeme.

Man kann bei unserem Produkt drei Module unterscheiden: Das erste Modul ist ein Prädiktor-Algorithmus: Wir können mit seiner Hilfe für ein Unternehmen kalkulieren, bei welchen Kunden sich aller Wahrscheinlichkeit nach die Kontaktdaten geändert haben. Im zweiten Modul, der Business-Prozess-Automatisierung, bieten wir dem Unternehmen die Möglichkeit, sich mit diesen Kunden auf eine personalisierte Art und Weise in Verbindung zu setzen. Die Kunden können dann ihre Kontaktdaten einsehen, diese bestätigen oder verändern.

Der große Vorteil für die Kunden ist, dass sie mehr Kontrolle über ihre Daten haben und ersehen können, welche Kontaktdaten hinterlegt sind. Die Unternehmen haben wiederum den Vorteil, kostengünstig an die neuen Kontaktdaten zu kommen. Das dritte Modul sind dann Reporting und Analytics: Das Unternehmen kann sehen, ob seine Nachricht den Kunden erreicht hat, ob die Nachricht geöffnet wurde und ob die Kunden dann darauf reagiert haben. Fehlläufe können auch wertvolle Informationen dafür sein, dass bestimmte Telefonnummern oder E-Mail-Adressen nicht mehr existieren.

ZV: Wie muss man sich tye technisch vorstellen?

CS: Die Unternehmen integrieren unsere Software in ihr CRM-System. Sobald ein Kunde wie gerade beschrieben eine personalisierte Nachricht erhalten hat und Änderungen an seinen Daten vornehmen will, wird er automatisch auf die Webseite des Unternehmens weitergeleitet. Dort erscheint ein kleines Formular, in dem der Kunde seine Kontaktdaten verändern kann. Diese Änderungen werden automatisch in das CRM-System des Unternehmens integriert.

ZV: Das heißt, Ihr Geschäftsmodell ist nicht nur datenschutzrechtskonform, sondern auch für die Änderungen des Datenschutzrechtes im Mai 2018 gerüstet?

CS: Genau. Wir bieten nicht nur eine kostengünstigere Version der Aktualisierung von Kontaktdaten in Unternehmen an, sondern wir achten auch bereits auf die Reformen, die im Mai 2018 im Bereich Datenschutz kommen werden. Der Grundgedanke der dann in Kraft tretenden Datenschutz-Grundverordnung ist, dass Kunden bei der Speicherung ihrer Daten in Unternehmen stärker berücksichtigt werden müssen. Insbesondere wird ein sogenanntes Opt-in des Kunden nötig, das heißt seine Einwilligung zur Datenspeicherung. Mit unserem Programm holen wir dieses Opt-in mit der erwähnten personalisierten Nachricht des Unternehmens an den Kunden ein.

Darüber hinaus kommen weitere Pflichten auf die Unternehmen zu. Natürlich gibt es sehr viele Regelungen, auf die ich im Moment aber nicht detailliert eingehen kann. Besonders wichtig sind zwei Punkte: Unternehmen müssen erstens künftig die Kontaktdaten oder andere personenbezogene Daten aktualisieren, wenn sie befürchten, dass diese Kontaktdaten nicht mehr aktuell sind. Die Unternehmen sind also in der Bringschuld. Zweitens wird es künftig nicht mehr möglich sein, Adressen einfach bei einem Adressdienstleister zu kaufen. Somit braucht es neue Ansätze, um die Kunden in das Kontaktdatenmanagement mit einzubeziehen.

ZV: Wann wurde tye gegründet und wo stehen Sie gerade mit tye?

CS: Tye in der jetzigen Form gibt es seit Juli 2017. Damals begannen wir mit einem relativ einfachen Produkt in den Markt zu gehen. Das ist unsere Herangehensweise: Wir wollen nicht erst Jahre lang tüfteln, bevor wir glauben, das perfekte Produkt zu haben. Wir entwickeln unser Produkt schrittweise im praktischen Einsatz. Im Moment ist tye sehr einfach strukturiert. Wir haben aber sehr viele Ideen, wie man tye noch weiter ausbauen kann.

Das Wichtigste ist aber, zunächst zu erkunden, welche Nachfrage tatsächlich besteht, wie Unternehmen darauf reagieren, wie die Kunden der Unternehmen darauf reagieren. Dann können wir auch entsprechend Veränderungen vornehmen, die genau diesen Wünschen gerecht werden. Deshalb arbeiten wir gegenwärtig mit kleinen Vereinen zusammen, die ebenso wie Unternehmen das beschriebene Problem der veraltenden Kundendaten haben. Wir sind auch in Gesprächen mit Alumni-Clubs und mit Jugendorganisationen. Erst unser vollumfängliches, professionelles Produkt werden wir dann auch größeren Unternehmen wie zum Beispiel Versicherungen anbieten.

Darüber hinaus sind wir jetzt in einer Phase, in der wir über unser Produkt informieren wollen. Wir haben bereits an mehreren Veranstaltungen teilgenommen, auf denen wir auch Preise gewonnen haben: bei dem Breakthrough-Programm der innoWerft (der Inkubator von SAP) und dem Start-up BW Elevator Pitch.

ZV: Wir befinden uns hier ja auch in den Räumlichkeiten des Gründer-Instituts der SRH. Können Sie noch etwas dazu sagen, inwiefern sie von dieser Einrichtung profitieren?

CS: Das Gründer-Institut ist herrlich gelegen und wir bekommen in unserem Falle sogar kostenlos Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt. Es ist alles extrem modern und es gibt sehr viele Betreuer für die Start-ups. Es ist auch immer toll, sich mit anderen Start-ups austauschen zu können. Ich kann nur jedem empfehlen, einen Inkubator an sich und vor allem das Gründer-Institut der SRH Heidelberg zu wählen. Ohne diese Institut wären wir heute nicht dort, wo wir sind. Eine große Hilfe war auch das hochdotierte EXIST-Programm, für dessen Inanspruchnahme eine Hochschule oder Universität notwendig ist. Das Gründer-Institut der SRH half uns bei der Antragstellung. Professionalität, Unterstützung und das gegenseitige Feedback sind einfach Gold wert.

ZV: Können Sie noch etwas dazu sagen, wer die Köpfe hinter tye sind?

CS: Ich komme aus dem juristischen Bereich: Jura mit Wirtschaft kombiniert, also Wirtschaftsrecht um genau zu sein, und bin für Rechtliches und den Vertrieb zuständig. Markus Beck studierte Verfahrenstechnik in Wien und ist unser Geschäftsführer. Unser Dritter im Bunde ist Michael Scharf, unser Joker, ein hocherfahrener Programmierer, der mit seinen über 30 Jahren Programmiererfahrung unser CTO ist. Er versteht die Thematik sehr gut und wir sind sehr glücklich, dass wir ihn an Bord haben. Das wichtigste ist jedoch, dass wir drei zwar aus ganz verschiedenen Bereichen kommen, dass wir uns trotzdem aber so gut verstehen. Wir können so die ganze Palette abdecken, in Bezug auf das Technische, das Juristische und die Projektplanung.

ZV: Was sind Ihre bisherigen Erfahrungen als Gründer? Wo sehen Sie in Deutschland Verbesserungspotenzial?

CS: Wenn man einmal gegründet hat und diese Erfahrungen, diese Mischung aus Faszination und auch ein bisschen Angst gespürt hat, dann will man auch gar nicht mehr zurück ins klassische Arbeitsleben. So geht es jedenfalls uns.

In Deutschland wird oft kritisiert, dass es zu wenig Geld gibt, vor allem im Vergleich zum Silicon Valley oder Israel, wo ja wirklich extrem viel Geld vorhanden ist. Ich glaube aber, dass das Problem nicht unbedingt so groß ist, wenn man ein Produkt hat, das überzeugt, womit man auch Kunden gewinnen kann. Darüber hinaus gibt es auch Unterstützung durch den Staat, wenn eine Idee gut ist. Man kann auch relativ früh bereits mit Unternehmen zusammenarbeiten. Unternehmen suchen auch aktiv nach Start-ups, mit denen sie kooperieren können, denn sie wissen: Wenn wir keine neuen Ideen ausprobieren, dann haben wir letztlich ein Problem.

Der Rhein-Neckar-Kreis ist als Start-up-Region vielleicht noch nicht so bekannt wie Berlin oder München, aber dafür gibt es hier unheimlich viele Unternehmer und Unternehmen, die versuchen, die Zusammenarbeit anzukurbeln. Letztlich kann man als Start-up nicht besser positioniert sein als wenn große Unternehmen bereit sind, viel zu investieren und wenige Start-ups um dieses Angebot konkurrieren. Im Rhein-Neckar-Kreis ist man in dieser Hinsicht als Start-up sehr gut aufgehoben.

ZV: Eine letzte Frage: Was sind die wichtigsten Eigenschaften eines Gründers?

CS: Ich glaube, dass es den Gründer an sich nicht gibt. Letztlich braucht man das richtige Team, das wichtige Fähigkeiten vereint: man braucht jemanden, der fantasievoll neue Dinge überlegt, man braucht einen, der konsequent Sachen durchsetzt, und einen, der für Harmonie in so einer Truppe sorgt. Es ist wirklich schwer zu sagen, was den Gründer ausmacht. Was man sehr wohl haben muss, ist die Bereitschaft ins Ungewisse zu springen. Dass man sich einfach sagt: Ich nehme mir jetzt die nächsten Jahre und mache etwas, das scheitern kann, aber ich will es lernen, ich will jeden Tag damit beschäftigt sein und will dieses Produkt oder diese Dienstleistungen wirklich leben. Es gibt erstmal kein Zurück für die nächsten paar Jahre, das muss man dann einfach gemeinsam als Team durchstehen und man muss Tag und Nacht bereit sein, sich dafür einzusetzen. Ich glaube, das ist schon etwas, was man mitbringen muss. Ohne geht’s nicht.

ZV: Vielen Dank für das Gespräch.

 

Casper Schulenburg

tye

Beck und Schulenburg GbR

Kurfürsten-Anlage 52/105

69115 Heidelberg

www.tyeapp.com

casper@tyeapp.com

Beitragsbild: tye