Markt der Völker

Foto: Sabine Arndt

Zum zweiten Mal findet in Heidelberg der „Markt der Völker“ statt. Vom 10. bis zum 12. November 2017 haben die Besucher Gelegenheit, täglich von 11-19 Uhr, im Dezernat 16 (Alte Feuerwache Heidelberg) Kunsthandwerk aus aller Welt zu erleben, bestaunen und natürlich auch zu kaufen. Zeitenvogel befragt Jens Ochmann, Geschäftsführer der Oriento GmbH, zu Konzeption und Durchführung der Veranstaltung.

ZV: Herr Ochmann, was ist der „Markt der Völker“?

JO: Der „Markt der Völker“ versteht sich als Forum für internationales Kunsthandwerk aus der ganzen Welt. Dabei steht vor allem Qualität, Originalität und Handarbeit als Maxime im Vordergrund. Mir ist es wichtig, neben den Produkten auch die Geschichten dahinter zu erzählen. Ganz bewusst lege ich Wert auf die Einzigartigkeit der Produkte und den Menschen, die Sie entstehen lassen.

ZV: Welche Kontinente sind beteiligt?

JO: Wir haben bislang Afrika, Amerika und Asien im Programm, sind aber auch offen gegenüber neuen Kontinenten.

ZV: Kommen die Aussteller direkt von diesen Kontinenten oder leben sie zum Teil bereits länger in Deutschland?

JO: Unsere Aussteller stammen teilweise aus den Regionen Ihrer Produkte oder verbinden eine langjährige Verbundenheit mit dem Land und dessen Kultur. Oft sagen sie: „Ich habe ein Stück weit hier in Deutschland gelebt und möchte nun gerne etwas zurückgeben“. Sie wollen über diese Plattform des „Marktes der Völker“ die Besucher für ihr Kunsthandwerk begeistern. Wichtig ist ebenso eine soziale Komponente: Viele Aussteller verwenden Teile ihrer Verkaufserlöse, um Entwicklungshilfeprojekte anzustoßen und zu realisieren.

ZV: Gibt es eine besonders charakteristische Geschichte?

JO: Eine Geschichte auszuwählen ist bei der Fülle der Projekte nicht einfach. Erika Berg bietet etwa Schals aus Laos an und unterstützt dort eine Frauenkooperative. Wir haben auch viele Projekte in Ghana und Uganda: So hilft Ashanti, der in Hamburg lebt, in seinem Heimatland Ghana beim Aufbau von Schulen. Einige Projekte gehen auch in die Richtung Mikro-Farming, bei dem man versucht, mit möglichst wenig Ressourcen viel Ertrag zu generieren.

ZV: Hatten Sie auch Anfragen von Ausstellern, die in den letzten Jahren als Flüchtlinge nach Deutschland kamen?

JO: Nein. Wir hatten bislang keine Anfragen. Dies wäre aber ein sehr interessantes Thema, gerade auch hier in Heidelberg.

ZV: Wie viele Aussteller erwarten sie auf dem diesjährigen „Markt der Völker“ und welche Sparten sind vertreten?

JO: Wir haben dieses Jahr 35 Aussteller. Eine Zahl, über die ich mich sehr freue. Wir sind gewachsen: Im letzten Jahr hatten wir unsere Premiere mit 25 Ausstellern. Dieses Jahr bauen wir noch ein Außenzelt vor dem Dezernat 16 auf, sodass wir zusätzlich zum Foyer 1 und 2 mehr Ausstellungsfläche haben.

Das Angebot ist breit gefächert: Wir haben Einzelstücke vom Fuß des Himalajas, aus Indien und Nepal. Wir haben Urushi Design, das ist eine 5000 Jahre alte Lackkunst aus Japan. Wir haben auch Upcycling-Produkte von den Philippinen und Panamahüte aus Südamerika – welche sich hoher Beliebtheit erfreuten. Ein anderer Aussteller bietet afrikanische Masken an, zum Teil alte Einzelstücke. Es gibt diverse Textilbereiche: zwei Aussteller bieten Schals und Pullover aus Alpaka an, tolles Material. Dann haben wir auch Seidenschals aus Laos. Es ist ein sehr breites Spektrum.

ZV: Wie werden Sie auf die Aussteller aufmerksam?

JO: Die Aussteller finden zum einen uns, das heißt sie werden auf den „Markt der Völker“ aufmerksam. Viel läuft über Mund-zu-Mund-Propaganda, dann kommen die Leute auf uns zu. Zum anderen finden wir die die Aussteller aber auch selbst. Etwa, indem wir auf anderen Veranstaltungen sind und Gespräche führen: „Habt Ihr vielleicht den einen oder anderen, von dem Ihr sagt: Der passt total gut in den Markt rein?“. Empfehlungen durch andere Aussteller sind für mich die beste Referenz.

ZV: An wen richtet sich der „Markt der Völker“?

JO: Der Markt richtet sich primär an die Besucherinnen und Besucher aus Heidelberg, aus der Metropolregion Rhein-Neckar, aber auch darüber hinaus. Wichtig ist auch die Vernetzung über den Markt hinaus: Die Aussteller sind ja auf unserer Internetseite präsent und haben an ihren Ständen Flyer ausliegen. Viele Besucher denken sich: „Ach, da würde ich doch nochmal anknüpfen im Laufe des Jahres“.

ZV: Wie viele Besucher erwarten Sie in Heidelberg?

JO: Wir hatten letztes Jahr mehrere tausend Besucher und das ist grundsätzlich auch unser Ziel für dieses Jahr. Ich würde mich freuen, wenn wir sogar noch mehr Leute gewinnen können. Für die Besucher gibt es ein Rahmenprogramm: Mary Appiah bietet über den gesamten Zeitraum afrikanische Köstlichkeiten an. Jayenthe & the Clan bieten am Samstag von 17-18 Uhr Musik aus Sri Lanka. Am Sonntag von 16-18 Uhr liest Barbara Krippendorf aus ihrem Buch „Schwingen der Sehnsucht nach Afrika“ und lässt bei harmonischer Kora-Musik den Markt ausklingen.

ZV: Weshalb haben Sie sich für Heidelberg entschieden?

JO: Der „Markt der Völker“ wurde vor 19 Jahren durch meinen Vater in Kooperation mit dem Linden-Museum in Stuttgart initiiert. Ich selbst lebe in Heidelberg. Als ich vor drei Jahren in unser Unternehmen Oriento eingestiegen bin, hatte ich mir überlegt, dass der Markt auch sehr gut zu Heidelberg und seiner Bevölkerung passt.

ZV: Mittlerweile repräsentieren Sie das Unternehmen. Eine Unternehmensnachfolge gestaltet sich ja aber nicht immer einfach und häufig suchen sich Töchter oder Söhne andere Tätigkeitbereiche. Was brachte Sie dazu, die Nachfolge anzutreten?

JO: Nach meinem Studium war ich zunächst ein paar Jahre in einer Unternehmensberatung tätig. Unser Unternehmen wäre ohne mich allerdings nicht weitergeführt worden. Für mich war rasch klar, dass ich diesen Weg gehen will. Mein Vater führte über 30 Jahre einen Großhandel mit Gegenständen des Kunsthandwerks. Von klein auf kam ich auf Reisen in Kontakt zu verschiedenen Kulturen. Ich denke, das war für mich – auch unbewusst – prägend. Die Gemeinschaft der Aussteller ist für mich unglaublich bereichernd. Ich habe immer ein Stück weit das Gefühl, mit der Welt verbunden zu sein, wenn ich mich mit den Ausstellern austausche und Ihre inspirierenden Geschichten höre. Das ist sehr schön.

ZV: Wie lange sind Sie bereits im Dezernat 16 und was sind Ihre Erfahrungen?

JO: Im Dezernat 16 bin ich nun seit ziemlich genau drei Jahren. Ich habe hier einen Arbeitsplatz im Co-Working der Breitenbach-Studios. Was ich im Dezernat besonders schätze: dass man nicht alleine ist, dass man sich austauschen kann. Gerne nehme ich auch die tolle Vernetzung von Unternehmen und Dienstleistern in Anspruch. Sei es, dass eine Grafikerin hier aus dem Haus ein neues Layout kreiert oder für den Markt eine neue Kommunikations- und Marketing-Strategie aufgesetzt wird. Nicht zuletzt ist es auch die Location: In Heidelberg gastiert der „Markt der Völker“ ja in der Alten Feuerwache und ohne das Dezernat 16 wäre ich wohl nicht darauf gekommen.

ZV: Gibt es konkrete Wünsche an die Heidelberger Kommunalpolitik?

JO: Das Thema Werbung ist für eine neue Veranstaltung sehr wichtig. Nur so hat man die Chance, neue Besucher und die Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit zu gewinnen. Es wäre schön, wenn man den „Markt der Völker“, der sich zu einem Stück weit auch als Kulturveranstaltung versteht, in das eine oder andere Forum, zum Beispiel in den Veranstaltungskalender der Stadt Heidelberg, aufnehmen könnte.

ZV: Vielen Dank für das Gespräch.

 

Das gesamte Programm inkl. Ausstellerregister ist abrufbar unter www.marktdervoelker.de
Veranstaltungsort: Dezernat 16 – Alte Feuerwache Heidelberg, Emil-Maier-Str. 16, 69115 Heidelberg
Öffnungszeiten: 10.-12.Nov.2017, 11-19 Uhr
Eintritt: 5 € (bis 12 Jahre frei) inkl. 1 € Spende für den BUND – „Die Heidelberger Wäldchen in Brasilien