Menschen mobil machen

Das ESA BIC Reutlingen hat es sich zur Aufgabe gemacht, jene Start-ups zu fördern, die Geschäftsmodelle für Geoinformationen entwickeln oder einen Bezug zur Weltraumtechnik haben. Bei unserem Treffen in Reutlingen konnten wir eine faszinierende Bandbreite an Gründungen kennenlernen, die wir Ihnen heute und in den nächsten Tagen vorstellen werden. Heute berichtet uns Bernd Sailer, wie man künftig ganz einfach ein-troodeln kann.

 

ZV: Herr Seiler, was ist Troodle?

BS: Die Troodle Mobility Solution GmbH entwickelt eine neue Mitfahrmöglichkeit. Die Herausforderungen, vor denen zukünftige Formen der Mobilität stehen, sind groß. Wir suchen aber keine großen Lösungen für das autonome Fahren oder die e-Mobilität der Zukunft. Wir setzen da an, wo Menschen im Moment Mobilitätsprobleme haben. So können wir recht einfach große Wirkung erzielen.

ZV: Was ist das Besondere an Troodle?

BS: Die bestehenden Modelle der Mitfahrmöglichkeiten widersprechen dem Autofahren, denn sie benötigen eine Fahrten-Listung. Es findet lediglich ein Matching zwischen Gesuchen und Angeboten in einer Datenbank statt. Dem Autofahrer wird so die mobile Freiheit genommen: Er muss zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort sein. Unser Matching findet hingegen absolut spontan statt: Der Autofahrer setzt sich ins Auto, fährt los und erhält Push-up-Meldungen über mögliche Mitfahrer in seiner Nähe. Wenn sich die Wege trennen, steigt der Mitfahrer aus. Gegenüber den anderen Systemen der geteilten Mobilität benutzen wir für unser Matching die jeweilige Handynavigation.

Unsere Überzeugung ist: Mobilität ist überall dort möglich, wo Autos fahren, zu jeder Zeit, auf langen und auf kurzen Strecken. Man fährt künftig nicht mehr nur Zug oder Auto, man „troodelt“ in Kürze „ein“.

ZV: Wieviel kostet eine entsprechende Mitfahrt?

BS: Es wäre möglich, dieses ganze System kostenlos zur Verfügung zu stellen. Dann müssten wir aber die Daten vermarkten. Wir haben uns gegen diesen Weg entschieden. Die Nutzer sollen transparent, für sie nachvollziehbar, für die Dienstleistung bezahlen. Unsere Kalkulation ergibt aber einen sehr günstigen Preis: Der Mitfahrer zahlt 3 Cent pro Kilometer, nicht mehr.

ZV: Haben Sie einen regionalen Schwerpunkt?

BS: Wir sind im ESA BIC mit dem Hauptziel eingestiegen, unseren Prototypen zu erproben. Die Testphase beginnt am 1. Mai 2019 mit der Kommune Gerlingen. Gerlingen ist gleichsam zweigeteilt: Unten befindet sich der Ort, oben eine Niederlassung der Bosch GmbH. Dadurch ergeben sich sehr stark frequentierte Strecken. Wir sind sehr gespannt, wie gut sich Troodle schlägt.

Grundsätzlich sehen wir unser Projekt aber global. Wir müssen relativ schnell überregional aktiv werden. Vor den Ballungsgebieten sollen aber die ländlichen Regionen kommen. Dort ist ein großer Bedarf an Mobilität und es existiert ein erheblicher gemeinschaftsorientierter Zusammenhalt. So können wir relativ schnell auf hohe Nutzerzahlen kommen und nicht nur auf Registrierungen.

ZV: Weshalb sind die Nutzerzahlen bei anderen Plattformen geringer?

BS: Neben der bereits erwähnten Abgabe von Freiheit gibt es eine einfache Ursache: Ich buche bei Mitfahrzentralen in der Regel nur eine Strecke. Ich muss also den Anfang und den Rest meiner Strecke dann noch irgendwie anders zurücklegen. Der Vorteil unserer Lösung ist demgegenüber: Man steigt um und fährt auch kleinere Strecken einfach mit Troodle weiter.

Neben den Mitfahrzentralen gibt es auch noch Mitfahrgemeinschaften. Deren Apps richten sich an Unternehmen. Sie funktionieren sternförmig: Der zentrale Punkt ist das Unternehmen, dorthin und von dort fahren die Menschen mit ihren Fahrzeugen. Das funktioniert deshalb schlecht, weil sich diejenigen, die nahe beieinander wohnen, kennen und keinen Grund haben, die Mitfahrzentrale zu nutzen um zusammen zu fahren. Kennen sie sich nicht, liegt dies daran, dass sie – wie dies im Gewerbebereich häufig der Fall ist – unterschiedliche Arbeitszeiten haben. Und ein letzter Punkt: Hat man als Fahrer oder Mitfahrer drei Mal zwanzig Minuten auf jemanden gewartet, zieht man sich aus dem System zurück und fährt wieder selbst mit dem Auto.

ZV: Und noch die Gretchenfrage: Wie halten Sie es mit dem Datenschutz?

BS: Wir haben intensiv darüber diskutiert, ob Personen, die nicht angemeldet sind, testen können, wie unser System funktioniert. Wir haben uns allerdings dagegen entschieden. Erst wenn man sich registriert und die Datenschutzbedingungen akzeptiert hat, werden der Vorname des Fahrers und die Position des Fahrzeuges dem Mitfahrer bekanntgegeben.

Die übrigen Start-ups am ESA BIC Reutlingen finden Sie hier.

 

 

Bernd Sailer

Troodle Mobility Solution GmbH

HAP-Grieshaber-Weg 7

72766 Reutlingen

https://troodle.me/

Bernd.Sailer@troodle.me

 

 

Beitragsbild: ESA BIC Reutlingen