Digitalisierung

Gibt es ein Schlagwort, in dem sich die Linien gegenwärtiger gesellschaftlicher Entwicklungen überschneiden, so ist es wohl Digitalisierung. Hoffnung und Angst sind die beiden Pole, an denen sich viele Debatten orientieren: Hoffnung auf steigende Umsätze, Wettbewerbsvorteile, Mobilität, Einsparungen, Lösung von Allokationsproblemen oder auch nur die Lufthoheit in politischen Diskursen. Angst davor abgehängt zu werden, plötzlich „Altes Eisen“ zu sein, Angst vor Unwägbarkeiten, vor dem Unverständnis gegenüber technischen Lösungen, vor der plötzlichen räumlichen und zeitlichen Nähe der Konkurrenten, vor vollkommener Transparenz und unterschwelliger, aber totaler Kontrolle.

Deutschland im Vergleich

Die Pressemeldungen der letzten Tage spiegeln all dies wider: Der kürzlich veröffentlichte OECD Ausblick zur Digitalwirtschaft bedient beide Pole von Hoffnung und Furcht: Deutschland liegt in den meisten Kategorien im Mittelfeld, sei es Breitbandausbau, Cloud-Computing, die Anzahl der Beschäftigten in der Informationstechnologie oder der Analyse von Big Data durch Firmen. Gerade der Breitbandausbau wird von vielen politischen Akteuren als der entscheidende Hebel angesehen um Wirtschaft und Gesellschaft Deutschlands auf ein neues, digitales Niveau zu heben. Wichtig ist hierbei jedoch, vor lauter Kabel-Kilometer nicht den Blick für verlässliche Leistungsindikatoren des Netzes zu verlieren, wie etwa die Stiftung Neue Verantwortung anmahnt.

Dynamiken des Wirtschaftslebens

Die Entwicklungen der letzten Monate sprechen so oder so eine deutliche Sprache: Eine kürzlich veröffentlichte Umfrage der ARD bzw. des ZDF stellte hohe Nutzungszahlen von Internetverbindungen fest: 72 Prozent der Bevölkerung gehen täglich online. Die Wechselwirkungen von Digitalwirtschaft und analoger Präsenz sind bereits seit längerer Zeit deutlich wahrnehmbar. Zugleich intensivierten sich manche der Entwicklungen: Bankfilialen schließen, Kundenbindungen schwinden, ähnliche Prozesse könnten bald ebenso in den Bereichen Lebensmittel und Haushaltswaren ablaufen, die Branche der Kurier-, Express- und Paketdienste verzeichnet Umsatzzuwächse bei zugleich sinkenden Erlösen pro Sendung, neue Absatzmöglichkeiten, auch für deutsche Anbieter, erschließt die China-Strategie von Amazon. Die nackten Zahlen sind allerdings interpretationsbedürftig: In nicht jeder Branche stellen sich die gleichen Herausforderungen, wie etwa der Blick auf den Maschinenbau zeigt, auch versperren noch einige technische Probleme den Weg zum endgültigen Durchbruch der Zukunftstechnologien wie die Schwierigkeiten der Entwickler autonomer Fahrzeuge zeigen. Mit den Tücken moderner Technik haben aber ebenso die Strafverfolgungsbehörden zu kämpfen. So scheint die Vorhersage von Straftaten durch Big-Data-Analyse noch hinter den Erwartungen zurückzubleiben.

Datenschutz und Transparenz

Gleichwohl bieten diese Methoden genug Potenzial um Ängste vor totaler Überwachung im Spannungsfeld von Markt und Staat zu schüren. Ähnliche Befürchtungen formulieren sich im Bereich der Gesichtserkennung, der Datensicherheit sowie der auch politisch wirksamen Marktdominanz der Werbeindustrie. Dem Eindruck, dass Big Data zurzeit einseitig der Produzentenseite dient, kann man sich nicht erwehren, wenn die Thematik Transparente Lieferketten angesprochen wird. Dennoch sollten bei allen Herausforderungen auch die langfristigen Chancen einer besseren Informationslage auf der Verbraucherseite nicht vergessen werden.