Straßen gezielt sanieren
Für die Kommunen ist die Erfassung des Straßenzustandes oft recht aufwändig. Vialytics hat eine flexible und nachhaltige Lösung entwickelt, um den Zustand der kommunalen Straßeninfrastruktur zu erfassen. Zeitenvogel sprach mit Patrick Glaser und Danilo Jovicic (vialytics) über Smartphones als Messgeräte, Algorithmenentwicklung und das Gründerdasein.
ZV: Herr Glaser, welche Vorteile bietet das System von vialytics im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren bei der Erfassung des Sanierungsbedarfs von Straßeninfrastruktur?
PG: Mit unserem System ermöglichen wir es der jeweiligen Kommune erstmals selbst, die Erfassung des Straßenzustands durchzuführen. Unsere Geräte werden in den städtischen Fahrzeugen installiert, die im Rahmen kommunaler Dienstleistungen unterwegs sind. Hierdurch kann unser System eine viel höhere Frequenz an Daten-Updates zum Straßenzustand liefern, als dies bei bisherigen Verfahren der Fall ist.
Unser System passt sich perfekt in den Paradigmenwechsel der Straßensanierung ein, der vor einigen Jahren stattgefunden hat. Heute gilt: „Erhaltung vor Neubau“. Wir können der Kommune eine Analyse des jeweiligen Straßenzustandes liefern, damit rechtzeitig eingegriffen werden kann. Verpasst man nämlich den richtigen Zeitpunkt für die Straßensanierung, werden die Ausbesserungsmaßnahmen ungefähr fünfmal so teuer. So trägt unser System dazu bei, das Budget effizient einzusetzen und Straßen nachhaltig auf gutem Niveau zu erhalten.
ZV: Wie funktioniert Ihr System technisch? Welche Komponenten gibt es?
PG: Wir nutzen für die Zustandserfassung der Straße ein Smartphone, das uns alle notwendigen Komponenten bietet: Der Bewegungssensor des Geräts dient der Messung von Erschütterungen, die hervorragende Kamera liefert optimale Bildqualität, hinzu treten der GPS-Empfänger zur Standortbestimmung und die leistungsfähige Recheneinheit des Smartphones. So können wir mit unserer App in regelmäßigen Abständen Bilder von der jeweiligen Straße aufnehmen und zusätzliche Daten erfassen.
Unsere Kernkompetenz liegt aber in der Auswertung dieser Daten. Wir haben Algorithmen entwickelt, die Straßenschäden wie Schlaglöcher oder Risse automatisch und vor allem objektiv erkennen und bewerten. Menschen erkennen und entscheiden hingegen immer subjektiv.
ZV: Programmieren Sie selbst?
PG: Ja. Unser Entwickler, Achim Hoth, hat das System selbst programmiert. Zusätzlich kooperieren wir mit dem KIT (Karlsruher Institut für Technologie) im Bereich der Algorithmenentwicklung. Wir haben ein kleines, hochmotiviertes Team zusammengestellt, das hervorragende Ergebnisse liefert.
ZV: In welcher Form werden die Daten aufbereitet?
PG: Wir liefern den Kommunen ein Web-Geoinformationssystem, in dem jede Straße der Stadt nach der gängigen Richtlinie E EMI 2012 (Empfehlungen für das Erhaltungsmanagement von Innerortsstraßen) bewertet wurde. Wir ermöglichen es der Kommune auch, die Ergebnisse über Filter zu analysieren. So kann zum Beispiel festgestellt werden, wo auf der Straße wirklich Risse vorhanden sind um dann Sanierungstrupps gezielt einzusetzen. Ein solch hoher Grad der Detaillierung wird bislang in keinem System erreicht.
ZV: Wie ist es um die Datensicherheit Ihres Systems bestellt?
DJ: Wir halten alle gesetzlichen Vorgaben, wie etwa in der DSGVO vorgeschrieben, ein. Wir sind ein deutsches Start-up, unsere Daten werden nur in Deutschland gespeichert und ausgewertet.
Die Rohdaten werden in der logischen Sekunde (fiktiver Zeitraum, der zwischen zwei, als aufeinanderfolgend vorgestellte, juristische Ereignisse eingeschoben wird, die tatsächlich gleichzeitig sind) noch auf dem Smartphone anonymisiert, das heißt personenbezogene Daten wie Kennzeichen oder Gesichter werden unkenntlich gemacht. Erst diese Daten gehen in einem zweiten Schritt in die Datenverarbeitung, in der die Analyse stattfindet.
ZV: An wen kann man sich wenden, wenn man an Ihrem System interessiert ist?
DJ: Wir Gründer sind die ersten Ansprechpartner für die Kommunen. Sie können sich jederzeit gerne an uns wenden. Die Kontaktdaten sind auf unserer Website www.vialytics.de zu finden. Wir freuen uns über jede interessierte Kommune, der wir mit einer nachhaltigen Lösung für die Straßensanierung helfen können.
ZV: Wie kamen Sie auf die Idee für vialytics?
DJ: Letztes Jahr setzten wir uns mit der EnBW zusammen und diskutierten Problemfelder im Bereich Mobilität. In Gesprächen mit Vertretern des Tiefbauamtes stellten wir durch genaues Zuhören fest, dass es keine effiziente Lösung für die Bewertung des Straßenzustandes gibt.
ZV: Wie fanden Sie als Gründer zusammen?
DJ: Wir harmonieren als Team. Es passt einfach. Jeder von uns hat eine andere Kompetenz, mit der wir uns gegenseitig ergänzen: Ich selbst habe BWL mit Fokus auf nachhaltige Lösungen in Hohenheim studiert. Patrick Glaser ist Maschinenbauingenieur. Er hat mehrere Jahre in der Planung von Produktionsanalagen gearbeitet. Achim Hoth studierte Medientechnik und Medienmanagement und ist seit fast zehn Jahren Allround-Entwickler für Apps und alle anderen Komponenten.
Zusammen brachte uns die EnBW. Wir werden auch weiterhin von der EnBW unterstützt, sei es durch Beratung in rechtlichen Fragen, sei es durch fachlichen Austausch. Das hat uns in den letzten Monaten sehr geholfen. Für das Gelingen eines Gründungsvorhabens ist es immer gut, einen starken Partner an der Seite zu haben, der auch mit seinem Namen für die Qualität unseres Produktes bürgt.
ZV: Was reizt Sie am Gründerdasein?
DJ: Dass man mit seinem Kernteam Entscheidungen treffen und dann auch rasch in Aktion treten kann, um das Geplante umsetzen. Ich freue mich darauf, die Welt der Kommunalverwaltung kennenzulernen.
PG: Mich reizt vor allem die Vielseitigkeit der Eindrücke aus verschiedenen Bereichen. Wenn man einem normalen Beruf nachgeht, ist man eher auf eine Tätigkeit fokussiert. Wir lernen jeden Tag etwas Neues kennen.
ZV: Vielen Dank für das Gespräch.
Patrick Glaser und Danilo Jovicic
vialytics
Birkenwaldstraße 34
70191 Stuttgart
Beitragsbild: pixabay.com